Djokovic fällt aus - Murray: Tennis-Streik möglich

Berlin (dpa) - Tennis-Primus Novak Djokovic muss mindestens einen Monat pausieren, Andy Murray denkt sogar an Streik: Die Drohung des Schotten hat durch den Ausfall des serbischen Weltranglisten-Ersten noch an Brisanz gewonnen.

Die Top-Profis lehnen sich immer energischer gegen den vollgestopften Termin-Kalender auf - Djokovic ist durch seine verletzungsbedingte Zwangsabstinenz sogar direkt davon betroffen. Der US-Open-Sieger riss sich einen Muskel zwischen den Rippen und musste deswegen unter Schmerzen beim Davis-Cup-Aus gegen Argentinien aufgeben.

„Ich will nicht die weitere Verschlimmerung der Verletzung riskieren. Ehrlich gesagt habe ich bisher noch nie eine solche Verletzung gehabt“, sagte Djokovic nach Angaben der Belgrader Zeitung „Blic“.

Es war im 67. Match des Jahres erst seine dritte Niederlage, aber die zweite wegen einer Blessur. Rafael Nadal bestritt schon 72 Partien, Roger Federer 61, Andy Murray mit 52 noch die wenigsten des Top-Quartetts. Alle sind für das Masters im November in London qualifiziert, für Nadal kommt noch das Davis-Cup-Finale mit Spanien vom 2. bis 4. Dezember infrage - ein Mammutprogramm für die ungewohnt aufmüpfigen Tennis-Millionäre.

Ein Streik ist aus Murrays Sicht absolut denkbar. „Es ist eine Möglichkeit. Ich weiß aus Gesprächen mit einigen Spielern, dass sie davor keine Angst haben“, sagte der Weltranglisten-Vierte der BBC. Darüber solle beim nächsten Treffen des Spielerrates in China gesprochen werden, wo vom 9. Oktober an in Shanghai das nächste Masters-Turnier stattfindet. Dann sollen Vorschläge an die Herren-Profi-Organisation ATP und den Internationalen Tennis-Verband (ITF) ergehen. „Wir möchten, dass sich ein paar kleine Sachen ändern. Zwei, drei Wochen im Jahr, ein paar Turniere weniger. Ich denke nicht, dass das unvernünftig ist“, sagte Murray.

Das sieht Michael Stich ganz anders. „Ich glaube nicht, dass das ein großes Thema ist“, sagte der Wimbledonsieger von 1991 am Dienstag der BBC. „Ich denke, die Spieler vergessen, dass ihnen all diese Turniere ihren Job garantieren.“ Die Profis von heute „spielen nicht mehr als vor 10 oder 15 Jahren“, betonte der Turnierdirektor vom Hamburger Rothenbaum. „Irgendwie sind sie doch scharf auf Schaukämpfe, sie wollen immer mehr Geld verdienen, und dann halten sie manchmal nicht einmal ihre Zusagen für die kleineren Turniere ein“, kritisierte der 42-Jährige.

ITF-Präsident Francesco Ricci Bitti hatte die Kritik von Nadal bereits zurückgewiesen. Der Spanier klagte, dass er nur vier Tage nach dem verspäteten Montags-Finale bei den US Open wieder beim Davis-Cup-Halbfinale gegen Frankreich gefordert war. Nadal habe das Recht müde zu sein, meinte Ricci Bitti zwar, verwies aber darauf, der Weltranglisten-Zweite sei in den vergangenen beiden Jahren nur dreimal im Davis Cup angetreten.

Immer mehr Stars hatten sich Pausen vom Mannschafts-Wettbewerb gegönnt, weil dort Viertel- und Halbfinale jeweils im Anschluss an die Grand-Slam-Turniere von Wimbledon und New York ausgetragen werden. Nadal schimpfte in Richtung der Funktionäre: „Sie müssen sich ja nicht anstrengen. Sie sind in einer bequemen Lage.“ Nadal ist Vizepräsident des Spielerrates, Chef ist Roger Federer. Der einstige Branchenprimus war nach seinem Halbfinal-Aus von den US Open direkt zum Davis-Cup-Aufstiegsspiel der Schweizer nach Australien geflogen. Dort plagte ihn ein Muskelkater.

Schlimmer ergeht es Djokovic. Dem serbischen Davis-Cup-Teamarzt Zdenko Milinkovic zufolge brachte er seine Blessur schon aus Amerika mit. Djokovic trat deswegen erst am Schlusstag zum Davis Cup an, sank nach einer verschlagenen Vorhand gegen Juan Martin del Potro aber mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden. Kleiner Trost: Sein Status als Nummer eins ist vorerst nicht gefährdet.