Warum Rödl so gerne Bundestrainer ist
Auf dem Weg zur WM 2019 nach China findet der Basketball-Bundestrainer seine Mannschaft so stark wie lange nicht mehr. Jetzt muss sie es beweisen. Ein Gespräch über Vorgänger Fleming, junge, deutsche NBA-Spieler und Anführer Schröder.
Steinfeld Am 18. September ist Henrik Rödl seit einem Jahr im Amt als Basketball-Bundestrainer. Im Interview spricht der 49-Jährige über seine aufstrebende Mannschaft, die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr und die besondere Beziehung zu seinem Vorgänger.
Herr Rödl, wann steht die nächste Reise in die USA an?
Rödl: Ende September. Geplant ist, dass ich nach Oklahoma City, Houston und Los Angeles fahre. Wieso?
Aktuell stehen sieben Deutsche in der NBA unter Vertrag, so viele wie noch nie. Mit Ausnahme von Dirk Nowitzki kommen alle als Nationalspieler in Frage. Hinzu kommen weitere Spieler, die bei europäischen Spitzenvereinen spielen. Ist es das Paradies für Sie gerade?
Rödl: Es ist eine sehr gute Zeit, um Bundestrainer zu sein. Wir haben unglaublich viel Talent und eine sehr junge Mannschaft, bei der EM 2017 waren wir das jüngste Team und haben es ins Viertelfinale geschafft. Es ist eine aufstrebende Mannschaft, die sich bei diesem Turnier schon etwas bewiesen hat. Es kommen dazu noch sehr viele junge Spieler wie Isaiah Hartenstein, Moritz Wagner und Isaac Bonga nach, es ist also noch sehr viel weiteres Potenzial da.
Diese drei Spieler werden Sie also auch in den USA besuchen?
Rödl: Genau. Sie sind jetzt natürlich neu dabei und müssen sich erst einmal beweisen. Isaiah spielt bei den Houston Rockets in einem echten Starteam, ist aber auf jeden Fall bereit. Moritz und Isaac bei den Los Angeles Lakers haben unterschiedliche Voraussetzungen. Moritz ist schon etwas älter und hat auf dem College einige Erfahrungen gesammelt. Er wird von den dreien am meisten Spielzeit bekommen.
Dirk Nowitzki dürfte es bei dem vielen Potenzial aktuell vielleicht bedauern, dass er nicht jünger ist.
Rödl: Na ja, Dirk hat in seiner Zeit auch mit der Nationalmannschaft genug Erfolge gefeiert und seinen Teil dazu beigetragen. Er gehört ja zur „zweiten Welle“ nach dem Gewinn der Europameisterschaft 1993, und auch da waren wir ja in den Medaillenrängen. Ob die Generation jetzt da hinkommen kann und wird, bleibt abzuwarten. Es gibt gute Ansätze und es ist sicherlich das Ziel, aber das müssen wir natürlich erst einmal bestätigen. Dirk braucht jedenfalls sicher keine Nationalmannschaft mehr, um seine Karriere zu verbessern. Er hat sehr viel für den Verband getan. Die Türen bei uns sind weit offen für ihn.
Der aktuelle Kopf der Mannschaft ist Dennis Schröder. Wie sehen Sie seine Rolle?
Rödl: Er identifiziert sich sehr stark mit dem, was wir hier machen. Er ist immer dabei, lässt sich überall blicken und ist mit allen in Kontakt. Das ist auch etwas, dass in den letzten Jahren gewachsen ist. Es macht ihm Spaß hier zu sein, auch weil er sieht, dass er mit dem Team erfolgreich spielen kann. Er ist einer der besten Point Guards in der Welt, und das macht natürlich auch einen Unterschied. Er ist ja selber noch jung, ist meiner seiner Art zu spielen und die Leute mitzunehmen aber auf jeden Fall ein Anführer.
Sie sind seit fast einem Jahr als Bundestrainer im Amt. Wie fällt ihr Fazit aus?
Rödl: Es läuft gut. Ich bin sehr dankbar dafür, wie die Mannschaft auf den neuen Trainerstab reagiert hat. Wir haben zurecht versucht, vieles von dem zu übernehmen, was in den vergangenen Jahren gut gelaufen ist. Ich war unter Chris Fleming immer dabei und habe unglaublich viel von ihm gelernt. Daran möchte ich anknüpfen und natürlich auch meine Identität mit reinbringen.
Chris Fleming hat als Vorgänger mit Ihnen und dem Trainerteam das Feld dafür bereitet, dass es jetzt so gut läuft. Haben Sie Kontakt?
Rödl: Fast wöchentlich, manchmal sogar täglich. Da geht es weit über ein kollegiales Verhältnis hinaus. Ich halte sehr viel von ihm und bin froh, dass ich ihn als Freund schätzen kann.
Bei der Heim-EM 2015 hatten einige wichtige Spieler wie Per Günther, Daniel Theis und Maxi Kleber abgesagt. Jetzt scheint die Bereitschaft größer zu sein, zur Nationalmannschaft zu kommen. Woran liegt das?
Rödl: Ich kann mich nicht so erinnern, dass wir so viele Absagen hatten 2015. Es war eine Truppe, die im Umbruch war, zum Teil zu jung und zum Teil zu alt. Jetzt gibt es viele Faktoren. Ich glaube, dass wir vom Verband her sehr gute Bedingungen für die Spieler stellen. Der Hauptfaktor sind aber die Spieler selbst, die es feiern, wenn sie sich nach mehreren Monaten wieder sehen. Viele haben eine gemeinsame Historie. Außerdem merken sie, dass sie eine Chance haben zu gewinnen.
Das gelingt mit sechs Siegen in sechs Spielen in der WM-Qualifikation bisher hervorragend. Was sind die Ziele?
Rödl: Es gibt im Moment nur kurzfristige Ziele: Wir müssen uns unbedingt für die WM 2019 in China qualifizieren. Wir haben die erste Runde gut überstanden, aber haben dieses Etappenziel noch nicht erreicht. Schaffen wir das, haben wir nächsten Sommer eine WM. Wenn wir die beiden Qualispiele jetzt in Estland und gegen Israel gewinnen, wird es schwer, uns wegzudenken.
Die zweite Gruppenphase ist anspruchsvoll besetzt.
Rödl: Es wird sicher nicht einfach. Mit Griechenland haben wir ein Weltklasseteam in der Gruppe. Dazu eine Mannschaft aus Isreal, die immer europäische Klasse besessen hat und gegen die wir bei der EM verloren haben. Estland ist der schwächere Gegner, aber es ist eine sehr gefährliche Mannschaft, gerade weil wir das erste Spiel auswärts haben. Keine Zeit sich zurückzulehnen.
Die Teams in der NBA und der Euroleague geben ihre Spieler während der Saison im Gegensatz zur DBL nicht frei, weil die jeweiligen Ligen keine Pause machen.
Rödl: Das ist schade und könnte meiner Meinung nach auch anders sein. Die NBA zum Beispiel macht zum Allstar Game eine Pause. Warum macht man währenddessen nicht einfach eine Qualirunde? Dann macht man noch eine Pause während der Saison und eine weitere Runde, so abwegig ist das nicht. Dann legt man den Fokus auf die Länderspiele. Die NBA ist so globalisiert und hat so viele Spieler aus aller Welt. Für die jeweiligen Länder ist es etwas ganz besonderes. Das sehen wir ja bei uns: Das Interesse an der Nationalmannschaft ist zum Glück groß.