Das Phänomen Bjørndalen: Altmeister auf dem Podium

Oslo (dpa) - Ole Einar Bjørndalen ist und bleibt der König der Biathleten. Auch wenn er den Status des weltbesten Skijägers an seinen legitimen Nachfolger Martin Fourcade abgegeben hat: Keiner verkörpert Ehrgeiz, Leidenschaft und das Fokussieren auf den Saisonhöhepunkt so wie er.

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„Silber ist für mich wie Gold“, sagte Norwegens Volksheld nach seinem sensationellen zweiten Platz im WM-Sprint von Oslo hinter dem Dominator aus Frankreich.

Im Verfolgungsrennen am Sonntag gab es dann den gleichen Ziel-Einlauf - Fourcade vor Bjørndalen. Doch diesmal staunte der 42 Jahre alte Norweger über sich selbst: „Ich bin überrascht über Silber. Ich weiß, dass es in der Verfolgung viele Podestkandidaten gibt, von daher ist der zweite Platz fantastisch.“

Norwegens Presse huldigte schon vor dem neuerlichen Silber-Coup ihrem Biathlon-König. „Superveteran Bjørndalen mit noch einer WM-Medaille: Das war ein goldener Lauf“, titelte „Verdens Gang“ und die „Aftenposten“ schrieb: „Kanonenlauf von Bjørndalen auf dem Holmenkollen - Das war einfach unglaublich“.

„Ole ist eine Legende. Er war einer der Jungs, die ich im Fernsehen sah, als ich jung war. Jetzt bin ich 27 und er ist immer noch hier. Es ist erstaunlich, und er gibt weiterhin so viel für den Biathlon“, sagte Fourcade, der Bjørndalen der Neuzeit. Anders als sein Vorbild will er aber nicht ewig durch die Loipe jagen. „Ich glaube, meine Tochter würde mich umbringen, wenn ich mit 40 noch Biathlon mache.“

Bjørndalen indes hat immer noch nicht genug. Dabei hatte der Rekord-Olympiasieger seit Januar eine „Krise“, schoss schlecht und lieferte keine Resultate ab. Aber Bjørndalen kann sich wie kein anderer punktgenau auf ein Rennen vorbereiten. Er ließ die letzten beiden Weltcups vor der WM aus und fokussierte sich voll auf die WM. „In den vergangenen paar Jahren hat er das Gleiche jedes Jahr gemacht. Es ist Sprint, und er legt sich im Computer ein Excel-Formular an, wie er sich in Form bringen kann. Dann drückt er „enter“ und holt sich die Medaille. Es sieht so einfach aus“, zollte sein 20 Jahre jüngerer Teamkollege Johannes Thingnes Bø dem Altmeister Respekt.

Die norwegischen Fans sagen, sie haben zwei Könige: Den richtigen, Harald V., und Ole Einar. Das sei zu viel des Lobes, meint Bjørndalen. „Wir haben in Norwegen nur einen König. Ich mache nur Biathlon.“ Eigentlich sollte die Heim-WM der krönenden Abschluss der einmaligen Karriere des „Kannibalen“ sein. Aber „Aftenpostens“ Sportkommentator Ola Bernhus schrieb: „Warum sollte der zweitbeste Biathlet der Welt aufhören? Nicht einmal die Ehrgeizigsten haben mehr Erfolg als Bjørndalen, wenn eine Meisterschaft näher rückt. Es sind ja nur zwei Jahre bis zu den Olympischen Spielen.“