Staatsanwalt ermittelt weiter gegen Topfunktionär
Bozen (dpa) - Die Staatsanwaltschaft hat den unter Doping-Verdacht stehenden Biathlon-Topfunktionär Gottlieb Taschler weiter im Visier.
„In der Sache Taschler wird noch ermittelt und Doktor Rispoli kann sich nicht äußern“, hieß es kurz vor dem Weltcup in Antholz auf dpa-Anfrage aus dem Büro des zuständigen Bozener Staatsanwalts Guido Rispoli.
Im Dezember hatte die italienische Zeitung „Gazzetta dello Sport“ über die Ermittlungen wegen Dopingverdachts gegen Gottlieb Taschler, den Vizepräsidenten des Biathlon-Weltverbandes IBU, und seinen Sohn Daniel berichtet. Demnach soll Taschler seinen zum italienischen Nationalteam gehörenden Sohn im Jahr 2010 zu dem im Sport lebenslang gesperrten Dopingarzt Michele Ferrari geschickt haben.
Taschler hatte seinerzeit entrüstet reagiert, sprach von „Rufmord“ und Verleumdung. „Ich habe selbstverständlich nie meinen Sohn aufgefordert, sich zu dopen und auch nie daran gedacht, eventuell illegale Tätigkeiten vonseiten von Dr. Ferrari für Daniel anzufordern“, erklärte der IBU-Vizepräsident. Taschler lässt sein Amt seit Bekanntwerden der Vorwürfe ruhen.
Der Biathlon-Weltverband IBU, der zuletzt mit Fahndungserfolgen im Anti-Doping-Kampf für Aufsehen gesorgt hatte, erklärte am 17. Dezember in einer Mitteilung, man habe in der Angelegenheit auch das Olympische Komitee Italiens und die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) kontaktiert. Außerdem habe man den vorübergehenden Rücktritt Taschlers akzeptiert und wolle nun wieder „den Fokus auf den Sport legen“.
Die „Gazzetta“ hatte ihre Vorwürfe durch Mitschnitte von Telefonaten aus Untersuchungen der Staatsanwaltschaft Padua belegt. Taschler hatte die Kontaktaufnahme zu Ferrari damit erklärt, dass es sich um ein medizinisches Problem seines Sohnes gehandelt habe. Taschler, 1988 in Calgary als Biathlet Olympia-Dritter, war im vergangenen Jahr als IBU-Vizepräsident wiedergewählt worden.
Der Top-Funktionär ist auch Präsident des Organisationskomitees des Weltcups in Antholz und freut sich über die Unterstützung von 900 Helfern bei der Durchführung des Weltcups. „Wir können auf ein eingespieltes Team bauen, das seine Aufgaben ganz genau kennt und imstande ist, den besten Service zu bieten“, wurde Taschler auf der Veranstalterseite zitiert.
Der Biathlon-Weltverband hatte angekündigt, sich um eine schnelle Aufklärung zu bemühen. „Wir nehmen die Sache sehr ernst, da der Kampf gegen Doping für uns sehr wichtig ist. Wir sind dabei, die Fakten zu sammeln, um dann alles richtig zu bewerten und uns verantwortungsvoll eine Meinung zu bilden. Erst dann werden wir uns wieder mit einer Stellungnahme an die Öffentlichkeit wenden“, sagte IBU-Generalsekretärin Nicole Resch seinerzeit dem ZDF.
Staatsanwalt Rispoli war nicht erfreut, dass seine Untersuchung öffentlich gemacht worden war. Die Angelegenheit soll sogar zu Verstimmungen mit der Staatsanwaltschaft Padua geführt haben, von der die Abhörprotokolle stammen. „Die Geschichte ist ärgerlich“, sagte Rispoli der „Neuen Südtiroler Tageszeitung“. Mit der Veröffentlichung der Abhörprotokolle seien laufende Ermittlungen beeinträchtigt worden. Auf der Grundlage der Akten über Ferrari seien in Bozen vor mehr als einem Jahr Ermittlungen eingeleitet worden, die nicht nur Biathlon betreffen, sondern auch Sommersportarten. Der Plan sei gewesen, die begonnene Wintersportsaison noch abzuwarten.
Durch die Ermittlungen Rispolis war auch wieder der des Dopings überführte österreichische Langläufer Johannes Dürr in den Blickpunkt gerückt. Der bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi ertappte Dürr ist Taschlers Schwiegersohn. „Ich kann zu den Anschuldigungen nichts sagen, weil sie aus einer Zeit stammen, in der ich meine Frau und ihre Familie noch nicht gekannt habe. Mehr möchte ich nicht dazu sagen“, hatte Dürr der österreichischen Nachrichtenagentur APA erklärt. Der beim Zoll in Innsbruck arbeitende Dürr lebt mit seiner Familie nach eigenen Angaben in Antholz in Südtirol.