Bobfrauen und ihre besondere Beziehung zu Lake Placid
Lake Placid (dpa) - Die deutsche WM-Erfolgsserie ist ausgerechnet 2009 in Lake Placid nach sechs Siegen in Serie gerissen. Titelverteidigerin Martini geht bei dieser WM leicht gehandicapt an den Start.
Rivalin Kiriasis hofft auf den ersten Sieg in diesem Winter und bringt neue Schubkraft mit.
Die Bobbahn am Mount van Hoevenberg ist ein ganz besonderer Ort für die deutschen Frauen. Erst erlebte die Winterbergerin Sandra Kiriasis im Februar 2009 in Lake Placid ihre bitterste Lehrstunde mit WM-Rang sieben, neun Monate später brach im Olympia-Ort von 1932 und 1980 sogar ein „Zickenkrieg“ im deutschen Kufenlager aus.
Auslöser war damals eine Rotation bei den Bremserinnen. Die Leipziger Diskuswerferin Romy Logsch - als Neueinsteigerin mit Kiriasis zweimal Weltmeisterin - wechselte nach internen Streitigkeiten in den Bob von Konkurrentin Cathleen Martini, mit der sie im Vorjahr WM-Gold holte. Es herrschte Eiszeit zwischen den Pilotinnen und auch zwischen Logsch und Kiriasis. Der Streit gipfelte in einem Interview der Winterbergerin, als sie vor laufender TV-Kamera meinte: „Wer ist Romy Logsch?“
Cheftrainer Christoph Langen, der nach Frauen-Bundestrainer Wolfgang Hoppe die Verantwortung für den weiblichen Bereich mit übernommen hat, brachte die sensiblen Frauengemüter mit gekonnten Rotationen auf der Bremse wieder etwas näher - und hofft nun bei der WM auf den Lohn.
Kiriasis - unbestritten die erfolgreichste Pilotin der Welt - fährt wieder mit einer Werferin aus der Leichtathletik: Die Kugelstoß-Hallen-Europameisterin von 2009, Petra Lammert, bringt den Zweierbob auf den ersten 50 Metern in Schwung. Auch wenn Kiriasis seit ihrem Sieg am 29. Januar 2011 in St. Moritz auf einen Erfolg wartet, zählt sie auf der anspruchsvollen Bahn in Lake Placid zu den Favoritinnen.
„Platz ein, zwei und drei im Gesamt-Weltcup kann sich sehen lassen, unsere Frauen sind zu beachten. Cathleen ist nach ihrer Fuß-Verletzung auf einem aufsteigenden Ast“, meinte Langen, der vor allem Olympiasiegerin Kaillie Humphries und ihre kanadische Teamkollegin Helen Upperton auf der Rechnung hat. „Mit Sicherheit kommt auch noch eine Amerikanerin dazu. Es wird ein ganz heißer Tanz“, bemerkte Langen vor den ersten beiden Läufen am Freitag.
Die leicht gehandicapte Titelverteidigerin Martini betonte, dass „in Lake Placid viele schnell fahren können und vor allem gut starten. Ich gehöre nicht dazu, weil ich letzte Woche in Whistler umgeknickt bin und Probleme mit meinem Fuß habe.“ Daher will sie ihre Stärken an den Lenkseilen ausspielen. „Neue Bahn, neues Glück. Ich muss auf mich selber, auf meinen Gefühl hören. Mit meinem Heimtrainer Dirk Grundmann werde ich viel reden. Mit ihm arbeite ich im achten Jahr zusammen, er kann mich sehr gut lesen und strahlt sehr viel Ruhe auf mich aus“, sagte die Oberbärenburgerin, für die vor allem nur eines zählt: „Gesund bleiben und nicht in irgendein Loch treten“.
Mit Anja Schneiderheinze, die 2006 als Anschieberin von Kiriasis Olympia-Gold holte, hat Langen noch eine dritte Medaillenkandidatin am Start. Vor allem kann die Pilotin vom BSC Winterberg mit Lisette Thöne den starken Nordamerikanerinnen am Start Paroli bieten. Allerdings ist sie auf den Bahn in Übersee als Neuling eher Fahrschülerin. Dass dies kein Hindernis für Erfolge darstellt, zeigte sie mit Platz zwei beim Weltcupfinale in Calgary. „Keine Bahn ist leicht“, sagte die einstige Eisschnellläuferin, „man muss die Augen offen halten und konzentriert bleiben. Ich werde meine Außenseiterposition hoffentlich gut ausspielen.“