Enttäuschter Weltklasse-Trainer Steuer will zurück
Shanghai (dpa) - Ingo Steuer hat nie ein Blatt vor den Mund genommen. Nach dem Ende der gemeinsamen Karriere der fünfmaligen Eiskunstlauf-Weltmeister Aljona Savchenko und Robin Szolkowy wollte der unbequeme Coach die gebürtige Ukrainerin mit dem Franzosen Bruno Massot zu Olympia-Gold führen.
Das Projekt endete im Streit. Es ging dabei auch ums Geld, denn der Stasi-Belastete darf nicht aus Bundesmitteln finanziert werden. Andere Möglichkeiten hat der klamme Verband aber nicht. „Wenn die Qualität, die ich habe, nicht benötigt wird, sollen sie es lassen“, sagte der 48-Jährige im Interview der Deutschen Presse-Agentur bei den Weltmeisterschaften in Shanghai.
Zwar baut Steuer sich eine neue Existenz in den USA auf, wünscht sich aber irgendwann eine Rückkehr nach Deutschland. Auch weil sein zwölfjähriger Sohn in Chemnitz lebt. „Es ist schon schwer“, gab er zu. Die Deutsche Eislauf-Union (DEU) nominierte kürzlich Szolkowy als Paarlauf-Koordinator, für seinen Lehrmeister gibt es derweil keine Stelle in der Heimat. „Es ist schade“, lautet der Kommentar des international gefragten Fachmanns. Er weiß, dass er es sich mit vielen Entscheidungsträgern in Berlin verdorben hat.
Szolkowy, den er in der Vergangenheit immer als schwächeren Part des Erfolgsduos kritisiert hatte, traf er in China als Jung-Coach der russischen WM-Sechsten Jewgenia Tarassowa/Wladimir Morosow erstmals wieder. Nun lobt er ihn in den höchsten Tönen für dessen Begabung und Besonnenheit. Spätere Zusammenarbeit ausgeschlossen? „Ich glaube, der Robin will das nicht. Der hatte seine elf Jahre mit Aljona und mir, das war für alle schwer“, räumte er mit einem kleinen Lächeln ein.
Auch Savchenko brach die private Beziehung zu ihm ab. Das Thema ist für Steuer immer noch schmerzlich. „Das ist etwas unglücklich gelaufen, alles andere als geplant. Letztendlich habe ich aus der Presse erfahren, dass Aljona und Bruno Massot für Deutschland unterzeichnet haben.“ Er findet wenig gute Worte über die Verbindung, mit der er einst Medaillen gewinnen wollte: „Was heißt hier Top-Paar? Aljona ist Weltmeisterin, mehr aber auch nicht. Der Franzose ist kein Robin.“ Dabei suchte er den 26-Jährigen einst für die gebürtige Ukrainerin als Nachfolger von Szolkowy aus.
Die mögliche Freigabe des französischen Verbandes nach einem Jahr Sperre interessiert ihn nicht: „Ehrlich gesagt, nachdem was alles so abgelaufen ist, ist mir das wurscht. Ich habe damit abgeschlossen.“ Von der DEU habe er auch keinen Brief erhalten. Bei der WM geht der Kontakt mit den Funktionären nicht über das Förmliche hinaus.
Der Weltmeister von 1997 mit Mandy Wötzel tröstet sich mit einer Aufgabe in Coral Springs in Florida, die durchaus seinen Reiz hat: Im ärmellosen Shirt fährt er mit dem Motorrad morgens in die Eishalle, und um die Dollars vom amerikanischen Verband für die WM-Zwölften Haven Denney und Brandon Frazier muss er nicht kämpfen.
Zudem leitet er ein koreanisches Paarlauf-Projekt für Olympia 2018 und fliegt oft hin und her. „Das hilft mir auch später, ich lerne jeden Tag dazu. Ich bin offen für alle, habe viele Kontakte und werde demnächst auch noch mehr mit Kanadiern arbeiten“, erzählt er. Eigentlich sei es in dem Sonnenstaat zu schön, um Eiskunstlauf auf hohem Niveau zu trainieren. Zur nächsten Saison wird er vermutlich weiter im Norden der USA arbeiten. Nach Chemnitz wird er für längere Zeit nur zu Familienbesuchen kommen.