Pechstein kontert: Fairplay von ISU über Bord geworfen
Berlin (dpa) - Der schier endlose Zwist zwischen Claudia Pechstein und dem Weltverband ISU droht nun auch die Olympia-Saison der Eisschnellläufer zu beeinträchtigen.
Zwei Tage vor Beginn der deutschen Meisterschaften in Inzell reagierte die fünfmalige Olympiasiegerin auf die jüngsten Attacken der ISU und warf dem Verband in markigen Worten Lügen vor. „Es ist ein erbärmlicher Versuch. Ein Versuch voller Halb- und Unwahrheiten, mit dem die ISU endgültig jeglichen Anstand und Fairplay-Gedanken über Bord wirft“, erklärte die Berlinerin auf ihrer Internetseite.
Die ISU hatte in einer Presseerklärung am Montag erklärt, die bei Pechstein festgestellte Blutanomalie könne nicht deren hohen Retikulozyten-Werte erklären. Diese Blutwerte waren vom Weltverband 2009 ohne positive Doping-Probe als Begründung für die Zweitjahressperre der Athletin angeführt worden.
„Diese ISU-Erklärung macht das gesamte Dilemma, das sich der Weltverband eingebrockt hat, mehr als deutlich“, schrieb die 41-Jährige. Pechstein will zum Auftakt der Saison ihre Vorherrschaft in Deutschland auf den langen Strecken 3000 und 5000 Meter unter Beweis stellen. Die ISU-Attacke sei ein Versuch, mit „glatten Lügen“ die eigene Position zu stützen.
In ihrer Erwiderung versucht Pechstein, die Argumente der ISU zu widerlegen und ihre Position für den möglichen Schadenersatz-Prozess vor dem München Landgericht darzustellen. Das Gericht entscheidet über seine Zuständigkeit erst am 29. Januar 2014, also eine gute Woche vor Beginn der Sotschi-Spiele am 7. Februar.
„Vielsagend ist die Tatsache, dass der Weltverband den eigenen Gutachter Prof. Alberto Zanella verleugnet, der der ISU schwarz auf weiß gegeben hat, 'dass die Fluktuation der Retikulozyten-Zahlen durch das Vorhandensein einer erblichen Membranopathie gerechtfertigt' werden kann“, schrieb Pechstein. Wer unter diesen Voraussetzungen behaupte, „die medizinischen Experten der ISU würden bestreiten, dass die bei mir diagnostizierte Anomalie meine Retiwerte erklären könne, der täuscht bewusst die Öffentlichkeit.“
Es sei „bizarr“, wenn die ISU behaupte, es gäbe keine Beweise für die Anomalie. Die medizinische Diagnose des Münchner Professors Stefan Eber, der festgestellt hatte, dass der Vater ihr die Anomalie vererbte, sei eindeutig. „Es fehlen keine Beweise für die Anomalie, sondern es fehlen die Beweise für Doping“, meinte Pechstein.
Auf die Behauptung der ISU, mit ihren Selbstanzeigen wolle sie die Öffentlichkeit in die Irre zu führen, konterte Pechstein: „Wenn am 25. November 2009 der CAS meine Sperre bestätigte, weil Werte von über 2,85 Prozent bei mir angeblich nur durch Doping zu erklären sind, warum hat mich die ISU dann nicht gleich wieder gesperrt, als sie am 11. Dezember 2009 einen Wert von 3,03 Prozent gemessen hat? Wenn dieser Wert nur durch Doping zu erklären ist, dann muss ich also wieder gedopt gewesen sein“, schrieb Pechstein voller Sarkasmus.
Auch greift die derzeit beste deutsche Langstreckenläuferin auf dem Eis die ISU-Ausführung an, dass sie sich seit Beginn des Falls geweigert habe, sich unabhängigen klinischen Tests zu unterziehen. „Zu keinem Zeitpunkt habe ich Untersuchungen verweigert. Im Gegenteil: Ich hatte bereits vor Beginn der ISU-Anhörung einen Hämatologen konsultiert. Ich habe mich lediglich geweigert, eine ISU-Frist von 45 Tagen zu akzeptieren, in der ich den Nachweis einer Anomalie hätte führen müssen, um einen Schuldspruch zu vermeiden.“
Auch kommentierte Pechstein die ISU-Behauptung, dass ihre Werte seit April 2011 stets im normalen Bereich gewesen wären. Die ISU habe vergessen zu erwähnen, dass sie seit April 2011 auf ein anderes Messgerät umgestellt habe. „So erscheint die Aussage, es habe seit 2011 keine erhöhten Werte mehr bei mir gegeben, in einem völlig anderen Licht.“