Höfl-Rieschs schönster Start - Neureuther hungrig
Sölden (dpa) - Keine Weltmeisterschaft, kein Olympia - aber auch ohne Medaillenkampf wollen die deutschen Alpinen um Maria Höfl-Riesch den Erfolgszug der vergangenen Weltcup-Jahre fortsetzen.
Im Übergangswinter zwischen der nicht zufriedenstellenden Heim-WM in Garmisch-Partenkirchen und den Titelkämpfen in Schladming zählen die Platzierungen in der am Samstag in Sölden/Österreich beginnenden Saison umso mehr. „Die Große Kugel nochmal zu holen, ist nun mal das Größte, das ich in dieser Saison erreichen könnte“, sagte Gesamtweltcupsiegerin Höfl-Riesch. Für sie ist Viktoria Rebensburg, Gewinnerin der vorjährigen Disziplin-Wertung, beim Gletscher-Riesenslalom in 3000 Metern Höhe die „Top-Favoritin“.
Erstmals startet Doppel-Olympiasiegerin Höfl-Riesch nach der Hochzeit mit ihrem Ehemann und Manager Marcus Höfl unter einem neuen Namen in den Winter - und nach den Erfolgen in den vergangenen Jahren auch mit neuer Lockerheit. „Es wird vielleicht der schönste Start“, sagte die Slalom-Weltmeisterin von 2009, „es steht nicht mehr der ganz große Druck dahinter, weil sich der große Traum vom Gesamtweltcup im letzten Jahr erfüllt hat. Aber trotzdem bin ich natürlich hochmotiviert.“
Ein bisschen nervös ist aber auch eine so routinierte Athletin wie Maria Höfl-Riesch vor dem Auftakt des Mammutprogramms mit 41 Rennen bei den Damen und 46 bei den Herren. In zweimal Garmisch-Partenkirchen sowie München und Ofterschwang stehen drei deutsche Orte im Kalender, der als Saison-Finale den 18. März im nächsten WM-Ort Schladming notiert.
Die 26 Jahre alte Partenkirchenerin Höfl-Riesch startet topfit und nach einer Ernährungsumstellung rund sieben Kilogramm leichter als im Vorjahr in die Saison. Wie der Kroate Ivica Kostelic, den eine Knie-Operation aus dem April in der Saisonvorbereitung hemmte, wird sie die Gejagte im Winter sein. Eine Jägerin: Die Amerikanerin Lindsey Vonn, langjährige Ski-Freundin von Höfl-Riesch. In Sölden gibt es das mit Spannung erwartete erste Weltcup-Wiedersehen nach dem Zwist im Abschluss an die vergangene Saison. „Lindsey ist für mich eine Konkurrentin wie alle anderen auch, ich werde sie respektvoll und fair behandeln“, betonte die deutsche Alpine.
Nur zweimal Bronze durch Höfl-Riesch verbuchte der Deutsche Skiverband bei den vergangenen Weltmeisterschaften in Garmisch- Partenkirchen, dagegen gab es mit neun Saisonsiegen und 27 Podesträngen im Weltcup sowie dem Gesamtweltcup als Krönung den stärksten Winter seit 1998. „In der kommenden Zwischensaison ohne Großereignis wollen wir mit Maria Höfl-Riesch und mit Viktoria Rebensburg um den Gesamtweltcup und den Disziplinweltcup mitfahren“, setzt Alpin-Direktor Wolfgang Maier vor allem auf seine Asse. Alle Erfolge seien Vergangenheit, betonte Rebensburg, „jetzt geht es wieder bei Null los“.
Maier und seine Trainer bauen in diesem Winter auf mehr Individualität in den Trainingsgruppen. Dazu wurde im Vorfeld viel für Lehrgänge in Neuseeland und Chile investiert: ein rund 250 000 Euro großer Zuschlag, resultierend aus dem WM-Gewinn, hatte in dem im Vergleich zu Ski-Großmächten wie der Schweiz und Österreich kleinen Etat von 4,3 Millionen Euro ein paar mehr Möglichkeiten eingeräumt.
Fortgesetzt werden soll der zarte Aufwärtstrend der Herren, bei denen es in der vergangenen Saison durch Felix Neureuther und Stephan Keppler erstmals wieder zwei Fahrer auf dem Podest gab. Und Stockerlplätze in drei verschiedenen Disziplinen hatte man seit Markus-Wasmeier-Zeiten nicht mehr erlebt. Allerdings waren es auch die einzigen drei Podest-Ränge. „Wir wollen sichtbar junge Leute im Weltcup präsentieren“, sagte Maier. Und dies nachhaltig. „Eintagessterne“ mag er keine mehr sehen. Neureuther will mit neuem Material seine Ziele, „der beste Slalomläufer der Welt zu werden und Medaillen zu gewinnen“, endlich verwirklichen.
Wie schnell aber alle Pläne passé sein können, machte das Pech der zweimaligen Podestfahrerin Susanne Riesch und der einmaligen Weltcup-Gewinnerin Gina Stechert deutlich. Beide fehlen den gesamten Winter nach Trainingsunfällen. Dazu weiß keiner, wann die 2009er Weltmeisterin Kathrin Hölzl nach ihrer Verletzungs-Odyssee wieder eingreift. Wenigstens hat sie den Grund ihrer langjährigen Leiden ausgemacht und ist wieder im Konditionstraining.