Steuer hofft auf Gauck und öffentliche Finanzierung
Nizza (dpa) - Sechs Jahre nach seiner Enttarnung als Stasi-Spitzel setzt Eiskunstlauf-Trainer Ingo Steuer in der Frage um seine Bezahlung Hoffnungen in den neuen Bundespräsidenten Joachim Gauck. „Ich bin schwer beeindruckt von dem Mann, wie er 2007 mit mir gesprochen hat“, sagte er der dpa.
„Herr Gauck kennt sich mit diesem Problem aus, er weiß, worum es geht. Ich habe persönlich eine kleine Hoffnung, dass noch einmal über die ganze Sache geredet wird“, meinte der 45-jährige vor dem Start seiner dreifachen Weltmeister Aljona Savchenko und Robin Szolkowy bei den Titelkämpfen in Nizza. Wegen seiner Stasi-Vergangenheit muss Steuer bereits seit Jahren auf die öffentliche Finanzierung vom Bundesinnenministerium verzichten. Die Weltmeister zahlen ihn aus eigener Tasche.
Zur Klärung der öffentlichen Unterstützung zieht der Chemnitzer Ex-Weltmeister auch vor den Bundesgerichtshof. Nachwuchsläufer können sich den Weltklasse-Coach ohnehin nicht leisten. „Die Sportler werden bestraft. Und ich weiß nicht, ob die Deutsche Eislauf-Union auf mich verzichten kann, wenn Aljona und Robin einmal aufhören.“ Das wird schon in zwei Jahren nach Olympia in Sotschi der Fall sein.
Dem klammen Verband DEU sind seit Jahren die Hände gebunden, nachdem das Bundesinnenministerium untersagt hat, dass Steuer mit öffentlichen Geldern gefördert wird. „Es wäre schön, wenn man irgendwann einmal einen Schlussstrich unter die Sache ziehen könnte“, sagte DEU-Vizepräsidentin Elke Treitz, „die jungen Leute sind ja nie damit konfrontiert gewesen“.
So müssen Savchenko/Szolkowy ihren Trainer aus Preisgeldern und Schaulauf-Einnahmen entlohnen. Zudem wurde Szolkowy aus der Bundeswehr verwiesen, weil er sich nicht von Steuer trennen wollte. Jetzt klagt Szolkowy auf Wiedereinstellung. Die ständige Gefahr, sich zu verletzen, ist für die erfolgreichen Läufer eine große Belastung. Die Ausnahmesituation hat sie aber auch zusammengeschweißt.
Den Weg bis Sotschi gehen sie zusammen. Trotz einiger Warnungen, sie seien zu alt für Experimente, wollen die Titelverteidiger an diesem Mittwoch im Kurzprogramm den gefährlichen dreifachen Wurfaxel präsentieren - den beherrscht kein Konkurrenzpaar. „Es ist ein Risiko, aber wir wollen für Deutschland 2014 in Sotschi Gold holen und müssen uns weiterentwickeln“, sagt Steuer: „Wir haben die Alternative, den Wurfflip, gar nicht mehr trainiert. Und Aljona hat hier im Training den Wurfaxel schon lupenrein dem Publikum gezeigt.“
Seit einem Jahr arbeitet das Trio an dem hochwertigen Element, das einen Punkte-Vorsprung einbringen soll. „Es gibt kein Zurück, das würde keinen Sinn machen“, verteidigt Szolkowy das Risiko, auch wenn er zugibt: „Das reine Laufen wird von Jahr zu Jahr leichter, nur das Springen fällt schwerer.“ Mit 32 (Szolkowy) und 28 (Savchenko) Jahren sind die viermaligen Europameister die Ältesten im WM-Feld, aber selbst die fehlende Wettkampfpraxis nach Verletzung ändert nichts an den hohen Ansprüchen. „Wir sind amtierende Weltmeister und ich wäre doch doof, wenn ich mit einem Podiumsplatz zufrieden wäre“, sagte Szolkowy.