Analyse: Euro-Krise und kein Ende

Berlin (dpa) - Die Nachrichten aus Athen können Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht ins Konzept passen.

Schäuble hatte vor und nach der Verabschiedung des erweiterten Euro-Rettungsschirms EFSF im Bundestag in der vergangenen Woche immer wieder versichert, der Rettungsschirm werde nicht nochmals erweitert. Es bleibe bei den 211 Milliarden Euro deutscher Finanzhilfen für schwache Euro-Staaten. Schluss.

Die Griechen mussten nun am Sonntag eingestehen, dass sie das von der Troika - EU, IWF und EZB - geforderte Sparziel nicht einhalten können. Das Defizit liege mit 8,5 Prozent um 0,9 Punkte höher als vereinbart. Und die griechische Wirtschaft wird im laufenden Jahr um 5,5 Prozent schrumpfen. Die Märkte reagierten prompt.

Diese Nachrichten dürften die Bürger erneut verunsichern. Den Kritikern, die schon immer vor unkalkulierbaren Griechenlandhilfen warnten, geben sie Wasser auf die Mühlen. Der CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs sagte der „Rheinischen Post“ (Montag): „Griechenland ist pleite.“ Er geht davon aus, „dass wir Athen mindestens 50 Prozent seiner Schulden erlassen“ müssen. Auch der frühere Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hält die Staatspleite Griechenlands nicht mehr für abwendbar und forderte ebenfalls einen Schuldenschnitt.

Auch diejenigen, die einem Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone das Wort reden, dürften sich bestätigt fühlen. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt bekräftigte im Deutschlandfunk (Sonntag) die Position seiner Partei, dass Länder, „die nicht Haushaltsdisziplin walten lassen oder können oder wollen ..., damit rechnen müssen, aus der Eurozone auszuscheiden“. Möglicherweise könne sich eine Volkswirtschaft außerhalb der Eurozone auch besser restrukturieren als innerhalb. Jedenfalls werde es eine Arbeitsteilung in Europa, bei der „die einen die Schulden machen und die anderen die Schulden bezahlen“, mit der CSU nicht geben.

Die CSU hat am kommenden Wochenende ihren Parteitag in Nürnberg. Eines der Hauptthemen ist die Euro-Krise. Und die CSU mit Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer an der Spitze hat bei solchen Veranstaltungen die Stimmung in der Bevölkerung genau im Blick. Die Mehrzahl der Bürger hat Angst, bei der Euro-Rettung in ein Fass ohne Boden zu zahlen. Es schickt sich also gut für die CSU-Spitze, sich von Finanzminister Schäuble abzusetzen. Bayern trage den jetzt beschlossenen Rettungsschirm mit, aber mehr gibt es nicht, macht Seehofer klar und spricht von einer roten Linie.

Schäuble versucht, die Wogen der vergangenen Abstimmungswoche zu glätten und zugleich für eine Reform oder Weiterentwicklung Europas zu werben. Er plädierte in der Frankfurter Paulskirche für ein „Mehr an Europa“, weil der Nationalstaat in einer globalisierten Welt sein Regelungsmonopol verloren hat. Innenminister Hans-Peter Friedrich von der CSU warnte dagegen im „Spiegel“: „Wer aus der Schuldenkrise den Schluss zieht, dass der europäische Zentralismus jetzt noch verstärkt werden muss, macht sich auf den völlig falschen Weg.“

Die harten Auseinandersetzungen über die Lehren aus der Euro-Krise sind also bei weitem nicht zu Ende. Voraussichtlich Anfang nächsten Jahres steht der EFSF-Nachfolge-Rettungsschirm ESM im Bundestag zur Beratung an. Dann seien es nicht mehr 211 Milliarden Euro Finanzhilfen, sagt Schäuble in der „Super Illu“. Beim Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), „der den EFSF spätestens 2013 ersetzen wird, werden es insgesamt sogar nur 190 Milliarden sein ... inklusive aller Zinsen“, beruhigt Schäuble.

Doch angesichts der weiter schwächelnden Griechen ist auch künftig mit Abweichlern in den Koalitionsfraktionen zu rechnen. Wer erneut gegen den Koalitionsstrom schwimmen will, muss aber auch wissen: Es gehe hier um „bis an die Existenz gehende Debatten“, sagte die CDU-Vizevorsitzende Ursula von der Leyen im ZDF.