Analyse: Grüner Teppich hart gelandet
Berlin (dpa) - Der Teppich, auf dem die Grünen seit Monaten fliegen, ist gleich bei der ersten Gelegenheit recht hart gelandet. Nach der ersten Prognose aus Hamburg zeichnete sich ab: Die Aufkündigung des Bündnisses mit der Union dürften die Grünen mit Platznehmen auf den Oppositionsbänken bezahlen.
Für die kommenden Wahlen ist das alles andere als ein gutes Zeichen für die Ökopartei. Als Parteichefin Claudia Roth um 18.15 Uhr zur Berliner Wahlparty kam, sprach sie von einem ordentlichem Wahlergebnis „unter schwierigsten Hamburger Wahlbedingungen“. Sie betonte, dass die Grünen nach 9,6 Prozent 2008 mit wohl über 11 Prozent jetzt zweistellig werden. Das zweite Ziel einer Regierungsbeteiligung, nun ja, das sei fraglich. In Hamburg spricht Spitzenkandidatin Anja Hajduk von „gemischten Gefühlen“ angesichts des Wahlausgangs.
Und jetzt? Die Grünen wollten nach insgesamt sieben Wahlen 2011 in allen Landtagen sitzen, in Baden-Württemberg nach der Wahl im März mit Winfried Kretschmann den Regierungschef stellen, in Berlin mit Renate Künast im Herbst den regierenden Klaus Wowereit ablösen. Roth machte unverdrossen Mut: „Jetzt geht's volle Kanne.“ Doch sie sagte andererseits nur noch: „Wir kämpfen um eine verstärkte Regierungsbeteiligung.“
Ein einflussreicher Grünen-Realo stöhnte schon: „Bundespolitisch ist es verheerend.“ Zwar betonten die Grünen vorab bei jeder sich bietenden Gelegenheit: „Wir bleiben auf dem Teppich, selbst wenn er fliegt.“ Oder, wie Parteichef Cem Özdemir es sagte: „Umfragen sind keine Wahlergebnisse.“ Doch selbst in Hamburg lag man schon bei rund 20 Prozent in den besten Prognosen, sonst um die 15 Prozent. Der Fluch der Prognosen ist, dass leichte Zugewinne jetzt wie ein Schrumpfen aussehen. Die Furcht geht um in den Grünen-Reihen, dass die großen Ziele für dieses Wahljahr nun doch eher als Ausdruck von Selbstüberschätzung erscheinen.
Die Hoffnung ist, dass es nur eine Zwischenlandung des fliegenden Teppichs war. Berlins Spitzenkandidatin Künast bekräftigte schon gegen 18.30 Uhr: „Wir wollen in Berlin mit frischem Wind den verbrauchten rot-roten Senat ablösen.“