Analyse: Im Zweifel für den Euro

Berlin (dpa) - Grund zum Jubeln hat die Koalition noch nicht. Der Stimmungstest in der Unionsfraktion zur Unterstützung für den Euro-Rettungsschirm EFSF kann noch nicht als großer Wurf gewertet werden.

Dennoch lässt das Ergebnis die Koalitionsspitzen hoffen, dass es bei der Abstimmung am Donnerstag im Bundestag sogar für die Kanzlermehrheit von 311 schwarz-gelben Stimmen der insgesamt 620 Sitze reicht. Kanzlerin Angela Merkel mahnte in der Sitzung der Unionsfraktion, die Abstimmung sei von weltweitem Interesse.

In der CDU/CSU-Fraktion gibt es nach der Zählung vom Dienstag inzwischen fünf Mitglieder weniger als Anfang September, die sich der Stimme enthalten wollen. Die Zahl der Nein-Sager ist geblieben, auch wenn im Vergleich zur Abstimmung über die Einbringung des Gesetzentwurfes vor drei Wochen am Dienstag 11 und nicht mehr 12 Abgeordnete das Rettungspaket ablehnten. Aber einer der Wortführer der Kritiker, Wolfgang Bosbach, war nicht da.

Die FDP stimmte nicht noch einmal ab. FDP-Chef Philipp Rösler hatte seine Fraktion jüngst als Stabilitätsanker bezeichnet, was in der Union angesichts von Zerwürfnissen über Steuerentlastungen oder die Schuldenkrise in Europa auch mit Heiterkeit aufgenommen wurde.

Führende Koalitionäre versäumten es in diesen aufgeheizten Tagen nicht, immer wieder zu betonen, die Kanzlermehrheit sei nicht nötig. Schließlich werde nicht die Kanzlerin gewählt, sondern lediglich ein Gesetz verabschiedet. Dafür brauche es eben nur eine Mehrheit. Schwarz-Gelb würde eine eigene Mehrheit mit 291 Stimmen erreichen - eine Stimme mehr als die Opposition Sitze hat.

Nun muss die Regierung gar nicht um die Mehrheit bangen, weil SPD und Grüne, die zwar die Regierung, aber nicht den erweiterten Rettungsschirm unmöglich finden, zustimmen wollen. Merkel würde aber ein großer Vertrauensverlust bescheinigt werden, könnte sie ihre Reihen in einer so elementaren Entscheidung nicht schließen. Sie hat es zwar nicht so deutlich gesagt, aber mit Mahnungen und Appellen erkennen lassen, dass sie 311 schwarz-gelbe Ja-Stimmen anstrebt.

Merkel ist keine experimentierfreudige Politikerin. Eine Neuwahl kommt für sie wohl auch bei einer noch so schlechten Verfassung ihrer Koalition nicht infrage. Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) ist für sie eine Warnung, dass eine vorgezogene Wahl den Verlust des Kanzleramts bedeutet kann. Merkel will Kontinuität garantieren und auch damit die internationalen Finanzmärkte beruhigen.

Auch ein Blick nach Frankreich, wo Staatspräsident Nicolas Sarkozy vor der Wahl 2012 der Wind scharf ins Gesicht weht, könnte auch den ein oder anderen Koalitionären in Deutschland die Lust nehmen, weiter mit Koalitionsbruch zu drohen.

Aus CDU-Kreisen verlautete, die Unionsspitze, speziell Unionsfraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU), habe den Abweichlern zum Teil in Einzelsitzungen ins Gewissen geredet. Dabei erscheint der Erfolg - 5 Enthaltungen weniger als Anfang September - noch etwas spärlich. Merkel versuchte es mit ihrem TV-Talk bei Günther Jauch. Wenn die Kanzlerin für eine ganze Stunde ins Fernsehen gehe, sei die Lage der Koalition besonders schlimm, meint ein CDU-Politiker.

Und dann trat am Dienstag noch der Mann in Deutschland auf, der vielen Menschen als personifizierte Krise erscheinen mag: Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou. Zwar hat der EFSF nicht direkt etwas mit der Griechenland-Hilfe zu tun - über das zweite Paket für Athen stimmt der Bundestag noch im Herbst ab. Aber Griechenland war im Frühjahr 2010 der Auslöser für das Ringen in der Europäischen Union um Milliarden-Rettungspakete.

Papandreou versicherte in Berlin: „Ich kann garantieren: Griechenland wird alle Verpflichtungen erfüllen.“ Und dann zitierte er US-Präsident Barack Obama: „Yes, we can“. Ohne die nächste Hilfstranche wäre Athen in Kürze pleite.