Regierungskritisches Blatt „Cumhuriyet“: Eine Zeitung schwimmt gegen den Strom
Istanbul (dpa) - Die 1924 vom Journalisten Yunus Nadi Abalioglu gegründete „Cumhuriyet“ („Republik“) zählt zu den ältesten Tageszeitungen in der Türkei. Das regierungskritische Blatt war über Jahrzehnte staatlichen Repressalien und politisch motivierten Anschlägen ausgesetzt.
Im September wurde „Cumhuriyet“ mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Nach Branchenangaben erschien die überregionale „Cumhuriyet“ bislang mit einer Auflage von rund 50 000 Exemplaren täglich. Sie gehört zu den 20 größten Tageszeitungen der Türkei.
Der bekannte „Cumhuriyet“-Autor Ugur Mumcu wurde 1993 bei einem Bombenattentat getötet. 2015 wurde gegen die Zeitung wegen der Veröffentlichung einer religionskritischen „Charlie-Hebdo“-Karikatur ermittelt, zwei Kolumnisten wurden zu Haftstrafen verurteilt.
Im Mai wurden der Chefredakteur Can Dündar und sein Hauptstadtbüroleiter Erdem Gül zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Sie hatten geheime Dokumente veröffentlicht, die türkische Waffenlieferungen an Islamisten in Syrien 2015 belegen sollen. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte sie persönlich angezeigt. Dündars Nachfolger Sabuncu und acht seiner Mitarbeiter wurden am 31. Oktober unter Terrorismusvorwurf festgenommen und am 5. November in Untersuchungshaft genommen.