Eurobonds: Sargnagel oder Rettungsanker?

Frankfurt/Main (dpa) - Für die einen wären sie die Rettung der Eurozone und das Ende der Finanzierungsprobleme für Griechenland & Co. Für die anderen würden sie den Untergang der Währungsgemeinschaft einläuten: Eurobonds.

Das Prinzip ist einfach, die möglichen Folgen schwer abzusehen. Fragen und Antworten zu dem Thema, über das derzeit in Europa wieder heftig diskutiert wird:

Was verbirgt sich hinter dem Begriff Eurobonds?

Bei den Papieren geht es um gemeinsame Staatsanleihen aller Euro-Länder. Die Idee: Hoch verschuldete Krisenländer sollen am Rentenmarkt wieder zu relativ günstigen Konditionen Kredite aufnehmen können, weil Länder mit erstklassiger Bonität mithaften. Die Papiere könnten von einer europäischen Schuldenagentur - die noch gegründet werden müsste - zur Versteigerung angeboten werden.

Wie funktioniert es denn bisher mit Staatsanleihen aus dem Euroraum?

Bisher begibt jedes Land ausschließlich eigene Anleihen - mit der Konsequenz, dass hoch verschuldete Staaten teils extrem hohe Zinsen zahlen müssen. Geraten sie in den Fokus der nervösen Märkte, steigen die Zinsen sogar noch höher - bis es sich Staaten in letzter Konsequenz nicht mehr leisten könnten, sich am Markt frisches Geld zu besorgen. Staaten mit soliden Finanzen und glänzender Bonität werden hingegen durch niedrigere Zinsen für ihr Wirtschaften belohnt. Das gilt etwa für Deutschland oder Österreich. Diese Länder müssten durch Eurobonds höhere Zinsen hinnehmen, und würden somit praktisch die niedrigeren Zinsen der Schuldenstaaten subventionieren.

Was wären die Vorteile von Eurobonds?

Pleitekandidaten stünden nicht mehr wie bisher weitgehend allein gegen die Macht von Finanzmärkte und Spekulanten: Mit Hilfe der Eurobonds könnten sie sich wieder zu moderateren Konditionen Kredite besorgen - schließen sind die solideren Staaten ja mit im Boot. Damit böten die finanzstarken Länder den bonitätsschwachen Partnern Unterschlupf, erklärt Commerzbank-Analyst Christoph Weil. Gemeinsame Papiere würden außerdem einen Markt schaffen, der in Sachen Größe, Liquidität und Qualität mit dem Markt für US-Staatsanleihen vergleichbar wäre: „Durch die höhere Liquidität ließen sich ... die Finanzierungskosten der Euro-Länder im Durchschnitt senken.“

Würde es trotz Eurobonds denn noch nationale Anleihen geben?

Ja, denn in der laufenden Debatte wird diskutiert, dass ein Teil der Schulden nach wie vor über nationale Bonds finanziert und zu nationalen Zinssätzen verzinst werden soll. Dies müssten mindestens 40 Prozent sein, fordert etwa Grünen-Chef Cem Özdemir.

Was spricht gegen Eurobonds?

Diese Form von Anleihen verbilligt die Zinsen für Länder, die über ihre Verhältnisse gelebt haben. Entsprechend würde die gemeinsame Haftung für Schulden ein tatkräftiges Sanieren und Sparen für Athen, Lissabon & Co noch unattraktiver machen - nach dem Motto: Die Reichen werden schon zahlen. Dies befürchtet etwa Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sagte: „Eurobonds führen zu gleichen Zinssätzen in der gesamten Euro-Zone und untergraben damit die Anreize für eine solide Haushalts- und Wirtschaftspolitik in den Mitgliedsstaaten.“ Die deutschen Steuerzahler müssten höhere Zinsen zahlen.

Deutsche Bank-Chefvolkswirt Thomas Mayer warnt vor einer giftigen Pille: „Der politische Widerstand gegen die Währungsunion würde in den stärkeren Ländern zunehmen und könnte zu ihrem Zusammenbruch führen.“ Befürworter wie Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker versichern deshalb, parallel solle ein Anreizsystem für verschuldete Euroländer geschaffen werden, das strikte Haushaltsdisziplin belohne.

Wo verlaufen die Fronten in dem Streit?

In Deutschland zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün. In Europa - stark vereinfacht - zwischen Staaten mit AAA-Bonität und dem Rest. In Brüssel hat sich neben Juncker auch EU-Währungskommissar Olli Rehn für Eurobonds ausgesprochen. Die führenden Wirtschaftswissenschaftler in Deutschland sind uneins. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger beispielsweise ist für diese Lösung, ifo-Chefvolkswirt Kai Carstensen spricht von einer „hanebüchenen Idee“.

Was würden Eurobonds für Deutschland kosten?

Das ist höchst umstritten. Kai Carstensen etwa kalkuliert, dass Deutschland einen deutlichen Zinsaufschlag von 2,3 Prozentpunkten zahlen müsste. Unter dem Strich entspräche dies jährlichen Mehrkosten von gut 47 Milliarden Euro, errechnete er für die „Welt am Sonntag“. Eurobonds-Befürworter meinen dagegen: Staatspleiten und ein Auseinanderbrechen der Eurozone kämen für Deutschland teurer als die gemeinsamen Bonds.

Wie schnell können Eurobonds Realität werden?

Ob es die gemeinsamen Papiere überhaupt irgendwann geben wird, steht noch in den Sternen. Bis dahin wäre es aber in jedem Fall noch ein weiter Weg. Denn die Haftung für Staatsschulden anderer Euroländer widerspricht dem Geist des Maastricht-Vertrages, wie Commerzbank-Experte Weil betont: „Der EU-Vertrag müsste geändert werden, was, wie die Vergangenheit lehrt, ein risikoreiches und langwieriges Unterfangen ist.“