Fragen & Antworten: Neuer Schwung für die Ökumene?
Der Papst nimmt sich für ein Treffen mit Vertretern der evangelischen Kirche am Freitag in Erfurt mehr Zeit als zunächst vorgesehen. Viele Katholiken und Protestanten wünschen sich ein besseres Miteinander der Kirchen.
Vom Papst wird ein Anstoß für die Ökumene erwartet.
Erfurt (dpa) - Papst Benedikt XVI. trifft sich am Freitag im Augustinerkloster in Erfurt mit Spitzenvertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Nachrichtenagentur dpa beantwortet wichtige Fragen rund um die Begegnung:
Wer ist bei dem Treffen mit Benedikt XVI. in Erfurt dabei?
Beide Kirchen schicken eine je 20-köpfige Delegation. Für die Katholiken wollen neben Papst Benedikt XVI. Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, der Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, Kardinal Kurt Koch, der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, mehrere Erzbischöfe und der Erfurter Bischof, Joachim Wanke, teilnehmen. Auf evangelischer Seite sind neben EKD-Chef Nikolaus Schneider auch Bundestagsvizepräsidentin und Präses der EKD-Synode, Katrin Göring-Eckardt, Landesbischöfe, Vertreter der Kammer der Theologie und mehrerer Freikirchen sowie die Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Ilse Junkermann, dabei.
Weshalb ist das Augustinerkloster ein für die ökumenische Begegnung symbolträchtiger Ort?
Im Augustinerkloster wirkte Reformator Martin Luther (1483-1546) - noch vor der von ihm angestoßenen Reformation, die zur Spaltung der Kirche führte - als Mönch. Benedikt der XVI. wandelt also auf Luthers Spuren, wenn er in dem Kapitelsaal, in dem Luther als Mönch debattierte, mit den EKD-Vertretern spricht.
Was sind heute eigentlich noch die größten Hindernisse zwischen Katholiken und Protestanten?
An erster Stelle das unterschiedliche Kirchen- und Amtsverständnis. Nach katholischer Auffassung ist die Kirche von Gott zum Heil der Menschen eingesetzt. Der Papst wird als Stellvertreter Christi auf Erden angesehen. Geistliche erhalten mit der Weihe eine besondere Prägung von Gott und treten die Nachfolge der Apostel an. Für Protestanten gilt als Kirche nicht die Institution, sondern die Gemeinschaft der Gläubigen. Evangelische Geistliche erhalten ihr Amt nicht von Gott, sondern von der Gemeinde übertragen. Der Vatikan erkennt die evangelische Kirche nicht als vollwertige Kirche an. Großes Ärgernis für evangelische Christen: Die Katholiken erlauben ihnen nicht die Teilnahme an der Kommunion - also den Empfang der Hostie.
Was wurde bereits an Fortschritten in der Ökumene erreicht?
Auf Gemeindeebene ist man schon viel weiter als an der Kirchenspitze. Gottesdienste werden gemeinsam gestaltet und Kirchengebäude gemeinsam genutzt. In vielen alltäglichen Dingen arbeiten evangelische und katholische Kirchen Hand in Hand. 1999 trafen beide Kirchen erstmals seit der Reformation gemeinsame Aussagen zur Lehre: Der Mensch kann die Gnade Gottes nur geschenkt bekommen, und nicht durch eigenes Handeln oder Geld, den von Luther angeprangerten Ablasshandel, erhalten. Seit 2007 erkennen beide Kirchen in Deutschland wechselseitig die Taufe an.
Was erhofft man sich von der Erfurter Begegnung?
Beide Seiten warnen vor überzogenen Erwartungen. Ein Anstoß des Papstes wäre bei der Frage der Kommunion von Eheleuten, die verschiedenen Kirchen angehören, denkbar. Bisher dürfen auch evangelische Ehepartner nicht mit ihrem katholischen Partner die Hostie empfangen. Mit Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 hofft man auch auf eine positive Würdigung Martin Luthers durch den Papst - dass er den Bann gegen Luther förmlich zurücknimmt, gilt als unwahrscheinlich. Allerdings wird mit einem „besonderen Zeichen“ für die Ökumene gerechnet. Nicht nur wegen des besonderen Ortes. Schließlich hatte Benedikt XVI. selbst auf mehr Zeit für die Begegnung mit den Protestanten gepocht.