G7-Proteste in heißer Phase

Garmisch-Partenkirchen (dpa) - Stundenlang stehen die G7-Gegner in brütender Mittagshitze. Immer wieder verzögert sich der Start ihres Demonstrationszugs. Mal sind zu lange Transparente schuld, mal ein falsch stehender Demo-Wagen.

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Den Gipfel-Gegnern gegenüber stehen mehrere tausend Polizisten. Als es dann endlich los geht, ist die Stimmung angespannt. Schon Kleinigkeiten wie Wasser verteilende Helfer sorgen für Unruhe bei der Polizei. Die Veranstalter vom Aktionsbündnis „Stop G7 Elmau“ ermahnen die Demonstranten in Garmisch-Partenkirchen jedoch immer wieder, dass von ihnen keine Eskalation ausgehen solle. Fast geht die Strategie auf.

Nachdem der Demo-Zug bereits etwa die Hälfte seines Weges friedlich hinter sich gebracht hat, kippt die Stimmung am Anfang des Aufmarsches. Nach Polizeiangaben werden Beamte mit einer benzingefüllten Flasche, Feuerlöschern und einer Fahnenstange angegriffen. Die Beamten setzen Pfefferspray ein. Ein Polizist wird am Auge verletzt. Einzelne Demonstranten versuchen, eine Absperrung zu durchbrechen, werden von der Polizei jedoch daran gehindert.

Den nach Angaben der Behörden stehen den etwa 3600 Demonstranten einige tausend Polizisten gegenüber. „Es waren ja viel mehr Teilnehmer erwartet worden - bis zu 10 000“, erklärt Polizeisprecher Ulrich Pöpsel den Großeinsatz. „Man konnte es nicht einschätzen.“ Die Veranstalter sprechen von 4500 bis 5000 Demonstranten.

Dabei war es lange friedlich geblieben. Schon zur Auftaktkundgebung am Bahnhof kommen etwa 2500 Menschen. Darunter Clowns mit roten und grünen Perücken und Faschingsschminke. Musik, Sonnencreme, Flipflops, Wasser und Eis prägen das Bild. Die Brasilianerin Elisa ist dabei, weil sie „zeigen will, dass wir da sind, dass wir nicht einverstanden sind“. Die 30-Jährige sagt: „Was die großen Länder entscheiden, betrifft uns alle, auch die armen Menschen.“ Elisa lebt seit fünf Jahren in München.

Die 30-jährige Vanessa hält nichts vom Treffen der großen Politik. „Was da beim Gipfel entschieden wird, entspricht nicht der Welt, die ich mir wünsche“, sagte die Demonstrantin. Ihre Freunde hätten ihr abgeraten, nach Garmisch zu fahren, weil so viel Polizisten hier seien und sie eine Eskalation fürchteten. „Doch Demonstrieren ist ein Menschenrecht und das lasse ich mir nicht entgehen.“

Die Polizei lässt die Demonstranten immer nur wenige hundert Meter gehen, dann gibt es Stopps, um die Reihen geschlossen zu halten. Auch an den Seiten kommt man kaum rein noch raus. Helfer verteilen Plastik-Wasserflaschen an die Demonstranten - jedoch ohne Deckel. „Die könnten als Wurfgeschosse verwendet werden“, begründet ein Helfer die ungewöhnliche Maßnahme.

Die Organisatoren der Demo hatten mehrfach Blockaden angekündigt. „Unser Protest ist vielfältig. Auch Blockaden und Aktionen des zivilen Ungehorsams gehören dazu.“ Die Polizei machte klar, dass sie das nicht dulden werde. Immer wieder ziehen Einsatzzüge der Bereitschaftpolizei aus Bayern, aber auch aus Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern im Gleichschritt durch die Nebenstraßen. Die Beamten tragen dunkle Einsatzanzüge, halten den Helm unter dem Arm. Die Straßen rund um die Marschroute säumen Hunderte Einsatzwagen. Einheimische filmen mit Handys, als die schier endlose Karawane aus blauen und grünen Einsatzwägen vorbeifährt.

Einige Schaufenster im Ort sind mit Sperrholz verrammelt. Die Erinnerung an die Bilder von den Krawallen bei der Eröffnung der Europäischen Zentralbank in Frankfurt sind noch frisch.

Eine junge Frau aus Garmisch steht an der Straße und fotografiert den Demonstrationszug. „Das ist zwar einerseits aufregend, andererseits hätte es das aber auch nicht gebraucht“, sagte sie. Helmut Lodes, Pensionär und ehemaliger Polizist, betont: „Wenn ich schon hier wohn, möcht ich wissen was hier los ist.“ Die Großdemo sei ein Ereignis wie er es wohl „im restlichen Leben nicht mehr erleben“ werde.

Lisa (18) war bisher noch nie auf einer Demo. „Wir hatten so viele Einschränkungen in den letzten Monaten und es ist einfach unglaublich, wie viel Geld da verschwendet wird“, sagt sie. Sie hat aber nicht nur was gegen den Gipfel, weil er ihr Dorf lahmlegt. „Egal, wo der stattfindet, es kommt doch nie was dabei raus.“

Lisa läuft mit ihren Freundinnen ganz hinten im Protestzug. Sie kommen auch an der 72 Jahre alten Christa Wenzel vorbei. Die Garmischerin wohnt an der Demo-Strecke und steht dort schon den ganzen Tag. „Die haben ja Recht“, sagt sie über die Demonstranten. „Wenn ich jünger wäre, würde ich auch mitlaufen.“