Hält der Issel-Damm? Die bange Frage am Niederrhein
Hamminkeln (dpa) - Es hat geschüttet wie aus Kübeln. In Hamminkeln im Nordwesten von Nordrhein-Westfalen kommt in 24 Stunden fast doppelt so viel Wasser vom Himmel wie sonst in einem Monat. Die kleine Issel schwillt an, der Pegel steigt von sonst 50 Zentimeter auf zwei Meter.
Der Fluss macht Druck gegen die Dämme. Der Krisenstab formiert sich, 1000 Helfer sind im Einsatz, der Katastrophenfall ist da. Und den ganzen Donnerstag fragen sich Feuerwehrleute, Krisenstab und Anwohner: Hält der Damm?
Der Niederrhein ist nicht Bayern. Aber bei einem Dammbruch würde das ganze Gewerbegebiet dahinter überflutet und man müsste mit „erheblichen Sachschäden“ rechnen, wie Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Mittag in Düsseldorf sagt. In einigen Unternehmen sind sie an dem Morgen eh schon mit Putzlappen und Schrubber unterwegs: Keller sind vollgelaufen, in einem Lager und Hof eines Gartenzentrums steht das Wasser.
„Wir gehören zu diesem Gewässer“, sagt eine Anwohnerin, die mit ihrem Hund Gassi geht und auf die Wiesen guckt - eine Seenlandschaft. Dann geht sie weiter, sie muss zuhause weitermachen, Sandsäcke wuchten.
Der Pegel der Issel fällt am Mittag ganz leicht, aber was ist mit dem Regen, den der Deutsche Wetterdienst für die nächsten Tage angekündigt hat? Der Krisenstab entscheidet sich, Druck aus dem Fluss zu nehmen. In den Damm, der bisher keine richtigen Schäden hat, sollen Feuerwehrleute ein Loch graben, damit das Wasser in den Überflutungsraum mit Wiesen und Feldern kann.
„Das muss wohl überlegt sein“, sagt der Sprecher des Krisenstabs, Frank Brändel. Das Loch darf nicht zu groß werden, damit die Strömung nicht zu viel Kraft bekommt und den Damm mitreißt. Feuerwehrleute graben mit Schaufeln an einer Stelle drei kleine Löcher in den Damm. Zwei ältere Männer gucken zu. Sie erinnern sich an das Hochwasser in den 1990ern. „Wenn wir jetzt noch die Dammhöhe von damals hätten, hätte das hier keiner zurückhalten können“, sagen sie irgendwie noch zufrieden.
Krisenstab-Sprecher Brändel kann Stunden später feststellen, dass es wohl die richtige Entscheidung war. Wie weit das Risiko dadurch gesenkt wird, kann niemand abschätzen. „Aber es ist weniger Druck da und das ist gut.“
Weiter unten am Fluss ist das Städtchen Isselburg in Alarmbereitschaft. Dort sind sich die Menschen einig, dass es flussaufwärts wohl noch nie so stark geregnet hat. Noch ist die Hochwasserwelle nicht da. Mit Hochdruck arbeiten sie an Vorsichtsmaßnahmen: 15 000 Sandsäcke werden befüllt, die Menschen werden über Radio gewarnt. Die Flutwelle soll so gegen Mitternacht kommen und es ist klar, dass dann wahrscheinlich kaum jemand schläft.