Hintergrund: Was wollen die Griechen?
Athen (dpa) - Die Griechen sind dringend auf Hilfen angewiesen. Fließt nicht bald Geld nach Athen, ist das Land Mitte Juli pleite. Parteien, Gewerkschaften, Unternehmer und der „kleine Mann“ haben aber unterschiedliche Ansichten darüber, wie es weitergehen soll.
- Pasok: Die regierende Panhellenische Sozialistische Bewegung (Pasok) vertritt die Ansicht: Das Stabilisierungs- und Sparprogramm muss in die Tat umgesetzt werden, so schmerzhaft es auch sein mag. Auch Reformen sind dringend nötig. „Entweder ändern wir uns oder wir gehen unter“, sagt Ministerpräsident Giorgos Papandreou immer wieder. Er distanziert sich auch von der Politik seiner eigenen Partei der vergangenen Jahrzehnte. Auch die Sozialisten hatten das Spiel des Klientelsystems gespielt und Zehntausende Parteimitglieder und Plakatkleber mit Posten beim defizitären Staat versorgt.
- Opposition: Die größte Oppositionspartei, die Nea Dimokratia (ND), setzt sich zwar auch für die Verschlankung des Staates und Privatisierungen ein. Parteichef Antonis Samaras kritisiert aber die harten Sparmaßnahmen der Regierung, die die Wirtschaft „abgewürgt“ hätten. Wegen der Kürzungen und der Rezession sänken die Steuereinnahmen. Das lasse die Defizite wachsen. „Das Medikament ist schlimmer als die Krankheit“, sagt Samaras. Ihm und Papandreou wirft ein Teil der griechischen Presse vor, sich nicht auf eine große Koalition zu einigen, um das Land gemeinsam aus der Krise zu führen.
- Gewerkschaften: Die Gewerkschaften der privilegierten Unternehmen des öffentlichen Sektors bremsen alle Reformen. Sie wollen alle sozialen Errungenschaften verteidigen - immer wieder auch mit Streiks. In den Medien wird den Gewerkschaften deswegen teilweise vorgehalten, sie wollten, dass die anderen Griechen für sie zahlten.
- Unternehmerverbände: Sie plädieren für einen „Marshallplan“ für Griechenland nach dem Muster der Hilfe der USA für Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Investitionen und die Infrastruktur sollen mit Geld der EU in Griechenland gefördert werden. Die Investitionen sollen aber von der EU überwacht und überprüft werden, damit die Mittel nicht in einem „schwarzen Loch“ des unorganisierten Staates verschwinden.
- Bürger: Die einfachen Bürger sind empört und verunsichert. Sie sehen, dass die Finanzmittel, die aus der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) nach Griechenland fließen, fast ausschließlich zur Bedienung der Altschulden dienen. Eine Verbesserung der Lage oder auch nur der Aussichten können sie nicht erkennen. Der Eindruck ist: Der Bürger verdient weniger und soll gleichzeitig mehr Steuern zahlen. Die Menschen werfen dem überdimensionalen Staatsapparat und den Politikern vor, unfähig zu sein, die Steuerhinterziehung der Reichen und die Schattenwirtschaft zu erfassen. Den Preis der Krise zahlten die ehrlichen kleinen Leute, die nicht dafür verantwortlich seien.