Merkel und Hollande feiern deutsch-französische Versöhnung

Reims (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande haben an historischer Stätte den 50. Jahrestag der deutsch-französischen Versöhnung gefeiert.

Bei einer Gedenkzeremonie in der nordfranzösischen Stadt Reims hoben sie am Sonntag die Bedeutung der Freundschaft für die europäische Integration hervor. Gleichzeitig bekräftigten sie, die Herausforderungen durch die Euro-Schuldenkrise gemeinsam mit den anderen europäischen Partnern meistern zu wollen.

In Reims hatten am 8. Juli 1962 Konrad Adenauer und Charles de Gaulle gemeinsam eine „Versöhnungsmesse“ nach den Leiden zweier Weltkriege gefeiert. Die Begegnung der beiden Staatsmänner mündete im Januar 1963 in den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag, der bis heute den Rahmen für eine enge Zusammenarbeit bildet. Zugleich gilt sie auch als Meilenstein für die Entwicklung Europas.

„Europa, das ist mehr als nur eine Währung“, sagte Merkel bei der Feier in Reims. „Und unverzichtbar dafür sind die deutsch-französischen Beziehungen. Sie haben die europäische Einigung maßgeblich geprägt und vorangebracht.“ Nun gehe es in Europa darum, Versäumnisse der Vergangenheit nachzuholen. „Und das ist die politische Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion. Das ist eine Herkulesaufgabe, ohne Frage. Aber Europa kann diese Herkulesaufgabe bewältigen. Europa kann stärker aus dieser Krise hervorgehen“, sagte Merkel an der Seite Hollandes.

Auch Frankreichs Präsident, der zuletzt andere Auffassungen über Auswege aus der Schuldenkrise als Merkel vertrat, hob die Bedeutung einer engen Kooperation beider Länder hervor. „Unsere Freundschaft beflügelt Europa“, sagte er. Sie könne helfen, die aktuellen Herausforderungen wie die Verteidigung der Gemeinschaftswährung oder in der Energiepolitik zu bestehen.

Hollande warnte zugleich vor den Gefahren der Euro-Schuldenkrise. „Wir sind in einer Bewährungsprobe in Europa.“ Diese werde nicht die letzte sein. Aber: „Sie kann Gelegenheit dafür sein, dass wir einen neuen Aufschwung erleben, dass wir einen neuen Anfang finden. Und sie erfordert von uns, dass wir voran gehen, hin zu einer neu entwickelten Welt, die in der Lage ist, wirtschaftliche Leistung zu verbinden mit sozialem Fortschritt, Wettbewerbsfähigkeit und Solidarität.“

Merkel würdigte in ihrer Rede das Wirken von Adenauer und de Gaulle für die Verständigungspolitik zwischen den einstigen Kriegsgegnern Frankreich und Deutschland. Beide Staatsmänner hätten vor 50 Jahren nach dem dunklen Kapitel der Geschichte damit begonnen, ein „Bauwerk der deutsch-französischen Freundschaft“ zu errichten, sagte Merkel. Sie nannte das Treffen mit Hollande „ein wunderbares Zeichen des vertrauensvollen Miteinanders unserer Länder und Völker“. Auf Französisch sagte sie: „Es lebe die deutsch-französische Freundschaft.“

Hollande sagte an die Kanzlerin gerichtet: „Ich möchte Ihnen vorschlagen, dass wir gemeinsam eine neue Türschwelle überschreiten.“ Die Freundschaft müsse weiter vertieft werden. Wichtig sei, jungen Menschen Werte zu vermitteln, die beide Länder teilten, etwa Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit, Würde und Gleichheit.

Mit dem Treffen in Reims eröffneten Merkel und Hollande die Feierlichkeiten zum deutsch-französischen Jahr, das am 22. September in Ludwigsburg offiziell seinen Auftakt hat.

Überschattet wurde die Feier von der Schändung eines deutschen Soldatenfriedhofs in der Ardennen-Gemeinde Saint-Etienne-à-Arnes, knapp 40 Kilometer östlich von Reims. Nach Angaben des Innenministeriums in Paris rissen dort Unbekannte etwa 40 Holzkreuze heraus oder um. Einige wurden für ein Lagerfeuer benutzt, erklärte die Präfektur des Départements Ardennes. Hollande sagte dazu, keine noch so finstere Macht und noch weniger Dummheiten könnten die tiefe deutsch-französische Freundschaft trüben.

Das rund vierstündige Treffen zwischen Merkel und Hollande war das erste nach dem EU-Gipfel zur Schuldenkrise Ende Juni. Weitere Höhepunkte des deutsch-französischen Jahres sind die Feierlichkeiten zum Jahrestag der Unterzeichnung des Élysée-Vertrags am 22. Januar 2013 in Berlin und das 50. Jubiläum der Gründung des Deutsch-Französischen Jugendwerkes im Juli 2013.