Innerparteilicher Konflikt SPD braucht noch Zeit - Jusos starten Aktionen gegen GroKo

Berlin (dpa) - SPD-Linke und Jusos wollen mit aller Macht eine Koalition mit der Union verhindern. Die Jusos mit ihrem Chef Kevin Kühnert riefen unter dem Motto „Tritt ein, sag' Nein“ dazu auf, in die SPD einzutreten, um beim Mitgliederentscheid den Koalitionsvertrag ablehnen zu können.

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SPD-Chef Martin Schulz zeigte sich in Berlin entschlossen, die Koalitionsverhandlungen erfolgreich abzuschließen.

Vor einer Regierungsbildung müssen die SPD-Mitglieder einem Koalitionsvertrag zustimmen. Kühnert sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, sobald der Entwurf dafür vorliege, „werden wir Jusos in ganz Deutschland Veranstaltungen machen und für unsere Position werben“.

Vor einem Treffen mit den Vorsitzenden von CDU und CSU, Angela Merkel und Horst Seehofer, über den Fahrplan der Gespräche sagte Schulz, die SPD gehe mit dem Ziel in die Beratungen, Deutschland eine neue Regierung zu geben, die „das Leben der Menschen in unserem Lande besser macht“. Zugleich gehe es auch darum, „der internationalen Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland gerade mit Blick auf die Europäische Union und die Einheit Europas gerecht zu werden“.

Das Treffen dauerte gut eineinhalb Stunden. Über Ergebnisse wurde zunächst nichts bekannt. Die SPD braucht noch Zeit für interne Beratungen. Sie müsse weiter klären, „auf welcher Grundlage, welcher strukturellen und auch mit welcher personellen Zusammensetzung“ sie in die anstehenden Gespräche mit der Union gehe, hatte Schulz zuvor nach einer Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion gesagt.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhöhte kurz vor dem Verhandlungsstart den Druck auf Union und SPD, eine Regierung zu bilden. Egal, ob die Schnittmengen der Parteien ausreichten, „spüren wir alle, dass die Menschen in Deutschland erwarten, dass jetzt mehr als vier Monate nach der Bundestagswahl wieder eine Regierung zustande kommt“, sagte Steinmeier in Hamburg. Auch in Europa und der Welt warte man auf einen deutschen Beitrag zur Überwindung internationaler Krisen.

Ein SPD-Sonderparteitag hatte am Sonntag mit der knappen Mehrheit von 56,4 Prozent den Weg für Koalitionsverhandlungen frei gemacht, aber mehrere Punkte festgelegt, die über das Sondierungsergebnis hinaus durchgesetzt werden sollen.

Vor dem Start der Gespräche mit der SPD kam die engere Verhandlungsführung der Union um Merkel und Seehofer zu Beratungen zusammen. Die Unterhändler von CDU und CSU wollen am Dienstag ihre Positionen für die Verhandlungen abstecken.

Angesichts neuer Forderungen der SPD pochte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer auf das Ergebnis der Sondierungen. Zu Signalen, dass die SPD noch Zeit für interne Beratungen beansprucht, sagte Scheuer: „Mittlerweile muss man neben Barmherzigkeit und Rücksicht auch Geduld mitbringen.“

Schulz beharrte darauf, dass die SPD über alle Themen, die während der Sondierungen angesprochen wurden, jetzt erneut reden werde. Der Sonderparteitag hatte die SPD-Führung aufgefordert, mehrere Punkte durchzusetzen: die Abschaffung grundlos befristeter Arbeitsverhältnisse, die Überwindung der „Zwei-Klassen-Medizin“ und eine „weitergehende Härtefallregelung“ für den Familiennachzug von Flüchtlingen.

„Man kann jetzt nicht das, was besprochen worden ist, wieder in Frage stellen“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der „Bild“-Zeitung. Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) warnte im Südwestrundfunk (SWR): „Wer jetzt versucht, einzelne Teile wieder komplett aufzumachen, der macht das gesamte Paket wieder auf.“

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) forderte einen zukunftsgewandten Koalitionsvertrag. Dem „Handelsblatt“ (Dienstag) sagte er, dazu gehörten beschleunigte Planungsverfahren bei Investitionen in die Straßen, die Digitalisierung und ein Zuwanderungsgesetz zur Lösung des Fachkräftemangels.

CDU-Vize Thomas Strobl sagte der „Augsburger Allgemeinen“ (Dienstag): „Nachgekartet wird nicht - sonst können wir das Sondierungspapier weglegen und wieder bei Null beginnen.“ Andere Unionspolitiker deuteten Entgegenkommen an, etwa beim Thema befristete Arbeitsverträge und Familiennachzug. So zeigte sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im Deutschlandfunk offen für eine Härtefall-Regelung beim Familiennachzug.

Arbeitgeber-Präsident Ingo Kramer sagte der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstag): „Das Sondierungspapier enthält bereits zahlreiche Belastungen für die deutsche Wirtschaft. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Wirtschaftspolitiker aller drei Parteien jetzt noch ein Draufsatteln mitmachen.“