Union pocht auf Vorratsdatenspeicherungen

Berlin (dpa) - Nach der Festnahme von zwei Terrorverdächtigen in Berlin streitet die schwarz-gelbe Koalition wieder heftig um das alte Thema Vorratsdatenspeicherung. Unionsfraktionschef Volker Kauder warf Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vor, eine Neuregelung zu blockieren.

„Eine Justizministerin, die die Umsetzung einer verbindlichen EU-Richtlinie verweigert, ist ein Problem“, sagte der CDU-Politiker. Auch der frühere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und die Gewerkschaft der Polizei sprachen sich für eine Neuregelung aus. Die FDP nahm ihre Justizministerin in Schutz.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will allerdings ebenfalls bald eine Lösung sehen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Deutschland sei verpflichtet, die entsprechende EU-Richtlinie umzusetzen. „Wir werden deshalb eine Entscheidung treffen müssen als Bundesregierung.“ Jedoch bekräftigten die Sprecher von Innen- und Justizministerium am Freitag die konträren Positionen ihrer Minister. Leutheusser-Schnarrenberger hatte vorgeschlagen, Internet- und Telefon-Verbindungsdaten nicht anlasslos sechs Monate lang zu speichern, sondern sie nur bei einem konkreten Verdacht zu sichern („Quick Freeze“). Das lehnt die Union als unzureichend ab.

Die Debatte um das alte Streitthema war neu entflammt, nachdem die Berliner Polizei am Donnerstag zwei Terrorverdächtige festgenommen hatte. Die beiden Männer sollen sich für den Bau einer Bombe Chemikalien besorgt haben. Die Polizei hat nach eigenen Angaben aber keine Erkenntnisse, dass ein Zusammenhang mit dem Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA besteht. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums bekräftigte am Freitag, in Deutschland sei die Sicherheitslage unverändert - es seien nach wie vor keine konkreten Anschlagsplanungen bekannt. Dagegen sorgten am Freitag in den USA neue Terrorhinweise für Unruhe.

Zum Streit um die Vorratsdatenspeicherung sagte Kauder den „Ruhr Nachrichten“: „Die Festnahmen zeigen, dass die terroristische Bedrohung in Deutschland nach wie vor sehr hoch ist.“ Die FDP müsse ihren Widerstand gegen die Speicherung aufgeben. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte hingegen der Nachrichtenagentur dpa: „Ich warne davor, die Berliner Festnahmen von zwei Terrorverdächtigen für eine innenpolitische Debatte zu instrumentalisieren.“ Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) unterstützte im Deutschlandfunk die Union - er halte die Vorratsdatenspeicherung für sinnvoll, sagte Körting.

Körting räumte aber ein, die nun Festgenommenen seien auch ohne Vorratsdaten schon länger im Visier der Ermittler gewesen. Leutheusser-Schnarrenberger erinnerte im rbb-inforadio daran, dass das Bundesverfassungsgericht die alte Regelung zur Datenspeicherung im März 2010 für verfassungswidrig erklärte. Sie bekräftigte ihren Vorschlag einer anlassbezogenen Speicherung. Ex-Bundesinnenminister Schily warf Leutheusser-Schnarrenberger in der Zeitung „Die Welt“ vor, sie liege mit ihren Argumenten „völlig daneben“. Er frage sich, was an der Speicherung der Daten verwerflich sei. Der Chef der Gewerkschaft der Polizei, Bernhard Witthaut, bekräftigte im ZDF, die Datenspeicherung fehle zur Bekämpfung der Kriminalität insgesamt.