Mutmaßlicher Missbrauch Was im Fußball-Sonderzug passiert sein soll
Mönchengladbach (dpa) - Nach dem mutmaßlichen sexuellen Missbrauch einer 19-Jährigen in einem Fußball-Sonderzug hat sich der Verdächtige gestellt. Es handelt sich um einen 30-jährigen, polizeibekannten Mönchengladbacher.
Fragen und Antworten zu dem Aufsehen erregenden Fall:
Was soll in dem Zug passiert sein?
Nur langsam werden die Details bekannt. Die 19-Jährige aus Bonn wurde am Montag als Zeugin vernommen. Der Zug war nach der 1:5-Niederlage von Borussia Mönchengladbach bei Bayern München in Richtung Nordrhein-Westfalen unterwegs. Die junge Frau lernte ihren mutmaßlichen Peiniger im Tanzwagen kennen. Wurde sie von ihm auf die Toilette gezogen und vergewaltigt? Zu Details sagt die Polizei noch nichts. Täterwissen. Nur so viel: Nach Angaben der 19-Jährigen sei sie „auf einer Toilette Opfer eines Sexualdeliktes durch diesen Mann geworden.“ Noch im Zug rief die junge Frau ihre Eltern an, die die Polizei alarmierten.
Wie geht es der jungen Frau?
Sie wurde am frühen Sonntagmorgen von der Polizei in dem kleinen hessischen Ort Flörsheim am Bahnhof in Empfang genommen und in eine Wiesbadener Klinik gebracht. „Wir haben veranlasst, dass sie vernommen wird, sobald sie dazu fähig ist“, sagte ein Polizeisprecher in Mönchengladbach. Am Montag wurde sie dann von Kripobeamten befragt.
Warum ist der 30-Jährige tatverdächtig?
Nachdem im Zug der mutmaßliche Übergriff bekannt geworden war, erinnerte sich ein Zug-Ordner an die beiden. Er fotografierte später den Mann. Das Foto schickte er nach Polizeiangaben aber erst, nachdem es Massenkontrollen an Bahnhöfen in Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gegeben hatte. Die Beamten in Mönchengladbach erkannten den Mann auf dem Foto. Der 30-Jährige ist polizeibekannt, unter anderem wegen Gewaltdelikten.
Warum schritten die Beamten nicht bereits an Bord ein?
Es war, wie es scheint, kein Polizist an Bord. Das ist auch der Normalfall, wie die Gewerkschaft der Polizei (GdP) betont. Für die Sicherheit in Fußball-Sonderzügen sei vor allem das Unternehmen verantwortlich, das die Fans befördere, sagt der GdP-Landeschef NRW, Arnold Plickert. „Wir fahren nicht mit, das ist nicht unsere Aufgabe.“ Auch von der Bundespolizei war niemand mit an Bord, wie eine Sprecherin der Behörde mitteilte. Bei privat gemieteten Zügen sei das grundsätzlich so.
Heißt das, so ein Zug ist eigentlich ein rechtsfreier Raum?
Nein, keineswegs. Bahn-Unternehmen würden normalerweise eigenes Personal einsetzen oder einen Sicherheitsdienst beauftragen, sagt Plickert. Mit einer Einschränkung: „Das ist immer eine Kostenfrage. Da verzichtet man vielleicht als kleineres Bahn-Unternehmen auch schon mal.“ Grundsätzlich seien Sonderzüge aber kein rechtsfreier Raum. „Auch in Sonderzügen gelten Gesetze und Normen“, betont der GdP-Bundesvize.
Wer hat denn den Zug gechartert?
Das weiß die Polizei noch nicht, sagt sie. Das sei Sache des Fußballvereins. „Der Zug war privat organisiert - das heißt, nicht vom Verein und auch nicht vom Fanprojekt“, betont Markus Aretz, der Pressesprecher von Borussia Mönchengladbach.
Und wem gehört der Zug?
Der Sonderzug gehört dem Schweizer Anbieter Centralbahn. Dieser zählt zu den großen privaten Eisenbahngesellschaften der Schweiz, er ist auch bekannt als Veranstalter von Sonderzügen. Im Sortiment haben die Schweizer nicht nur Reisezugwagen, sondern auch Party-, Speise- und exklusive Salonwagen für Firmenfahrten, Betriebs- und Schulausflüge, Messe- und Sportsonderzüge, Jubiläums- und Partyfahrten. „In der Mitte des Zuges befindet sich der Party- oder Tanzwagen, der über eine oder sogar zwei Bars verfügt sowie über eine Tonkabine und ein Reiseleiterabteil“, heißt es unter anderem auf der unternehmenseigenen Webseite. Zum Vorfall am Wochenende wollte eine Centralbahn-Sprecherin nicht Stellung nehmen.
Wie wird jetzt weiter ermittelt?
Eine zentrale Rolle spielt die Aussage des mutmaßlichen Opfers: Erkennt die Frau den 30-Jährigen aus Mönchengladbach auf dem Foto als ihren Peiniger? Am Montag meldete er sich in einer Justizvollzugsanstalt in NRW, um eine mehrmonatige Freiheitsstrafe wegen Körperverletzung anzutreten. Gleichzeitig meldete sein Anwalt der Polizei in Mönchengladbach, dass sein Mandant bereit sei, Angaben zum Tatvorwurf zu machen.
Eine Vergewaltigung in einem Fan-Zug: ein Einzelfall?
Das nordrhein-westfälische Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) führt eine Statistik zu Reisezwischenfällen in Zusammenhang mit Liga-Fußballspielen - dazu zählen zum Beispiel Schlägereien oder Randale von Fangruppen auf Rastplätzen aber auch massive Sachbeschädigungen in Zügen und andere Fälle von strafrechtlicher Relevanz. In der Saison 2016/2017 mit ihren rund 600 Spielen kam es demnach bundesweit zu 72 Zwischenfällen. Ein Vergewaltigungsfall sei ihm nicht bekannt, sagte ein LZPD-Sprecher.