Wie mehr Medizin-Touristen in die Stadt kommen sollen
Chinesen bilden die neue Zielgruppe der hiesigen Tourismus-Strategen. Ein Experte bewertet die Chancen Düsseldorfs als gut.
Rund 80 Vertreter aus der Branche haben sich am Dienstag zum ersten Düsseldorfer Medizin-Tourismus-Forum getroffen. Diese Form des Tourismus wird für die Stadt immer wichtiger, sie startet deshalb bald die nächste Initiative. Jens Juszczak, Experte von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, sagt: „Medizin-Tourismus ist für Städte interessant, weil die Patienten deutlich länger bleiben als Städtetouristen und weil sie oft Begleiter haben, die am Standort dann auch richtig konsumieren.“
Was ist Medizin-Tourismus? Medizin-Tourismus ist ein kleiner Teil des Gesundheits-Tourismus. Zu letzterem zählen die Formen des Reisens, die mit Aktivitäten verbunden sind, die der Gesundheit dienen, also zum Beispiel Wellness-Angebote. Der Medizin-Tourismus unterscheidet sich dadurch, dass eine Behandlung der Grund für die Reise nach Deutschland beziehungsweise Düsseldorf ist. Das Spektrum reicht vom Check bis zu Reha und Nachsorge.
Was hat Düsseldorf in diesem Bereich bisher unternommen? Lange wurden Medizin und Tourismus nicht im Zusammenhang betrachtet. Frank Schrader hat dies, nachdem er Geschäftsführer von Düsseldorf Marketing und Düsseldorf Tourismus (DT) geworden war, zu einem Feld seines Unternehmens gemacht. Seit gut zweieinhalb Jahren gibt es bei Düsseldorf Tourismus nun einen Mitarbeiter, der sich im Schwerpunkt um Medizin-Tourismus kümmert. Die Landeshauptstadt hat sich zunächst zwei Zielregionen vorgenommen: die arabischen und die GUS-Staaten. Düsseldorf Tourismus bildet die Plattformen, auf der sich mögliche Partner vernetzten können. Außerdem suchen sich die Rheinländer Partner vor Ort, die Kontakte knüpfen und sich die Kommunikationsmittel anschauen, ob die Bilder passen (auch kulturell) und die Übersetzung stimmt.
Welchen Rang hat der Standort Düsseldorf? Im Medizin-Tourismus muss man zunächst Deutschland als Ganzes betrachten. Die hiesige Medizin genießt einen guten Ruf: für Menschen aus Ländern, in denen es eine entsprechende Versorgung nicht gibt, für Menschen aus Ländern, in denen die Versorgung deutlich teurer ist (Schweiz, USA) und für Menschen aus Nachbarländern, in denen die Wartezeiten für bestimmten Behandlungen deutlich länger sind.
Innerhalb Deutschlands belegen das Rheinland und Düsseldorf einen geteilten zweiten Platz. Bayern hatte die Möglichkeiten des Medizin-Tourismus früher als alle anderen Regionen erkannt und kommuniziert, von diesem Vorsprung profitiert München bis heute. Dahinter folgen Berlin als Hauptstadt und Düsseldorf/Köln vor Hamburg und Frankfurt/Wiesbaden.
Wie unterscheidet sich Düsseldorf von anderen Standorten? Die NRW-Landeshauptstadt bietet laut Juszczak ein gutes Spektrum und viele Spezifitäten. Onkologie, Orthopädie, das Westdeutsche Diabetes-Zentrum sind Beispiele dafür. Außerdem sei Düsseldorf bei der plastisch ästhetischen Medizin sehr gut aufgestellt, auch wenn dies gar nicht so gerne so deutlich kommuniziert werde. Einen wichtigen Unterschied zu anderen Standorten sieht Juszczak darin, dass Düsseldorf gleichermaßen auf verschiedene Märkte setze. Das mache es krisenfester, wenn eine Region (wie zuletzt etwa Kuwait) plötzlich große Rückgänge verzeichne. Außerdem sei das Umfeld der medizinischen Einrichtungen in Düsseldorf sehr stark: der nahe Flughafen, die Hotels, die Shopping-Möglichkeiten und das gastronomische Angebot.
Wie hat die Düsseldorfer Initiative gewirkt? Der Medizintourismus ist vielfach ein diskretes Geschäft, deshalb gilt es als statistisch besonders schwierig, einen Zuwachs bei den Patienten zu messen. DT-Geschäftstführer Frank Schrader hat nach eigenen Angaben aber guten Zuspruch etwa aus der Hotelerie erhalten, dass die Initiative gewirkt habe.
Wie soll es weitergehen? Ab Januar möchte Düsseldorf China zum neuen Schwerpunkt der medizinitouristischen Arbeit machen. Nach Angaben des Experten von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg stehen die Chancen gut, weil die medizinische Qualität, Flugverbindungen, Hotelangebot und die passenden Restaurants vorhanden sind. Er betont aber zugleich, dass dabei zwei Punkte zu berücksichtigen sind: Die Düsseldorfer müssen wissen, wie Chinesen kommunizieren und zahlen. Google, Twitter, Facebook und Whatsapp spielen keine Rolle, weil es chinesische Äquivalente gibt. Die müssen diejenigen innerhalb des Netzwerks kennen, die für Düsseldorf werben. Fürs Bezahlen nutzen die Gäste aus China oft ihr Smartphone und einen entsprechenden Anbieter aus ihrer Heimat, darauf müssen Handel, Hotels und Gastronomie eingestellt sein.