Abgasmanipulation Zwei Klagewege für Besitzer von Schummel-Diesel

Düsseldorf · Das Diesel-Paket der Regierung erntet viel Kritik, weil es den Kunden kaum hilft. Diesen stehen aber zwei Rechtswege offen.

Die politische Einigung halte die Verbraucherschützer nicht davon ab, die Musterfeststellungsklage gegen VW einzureichen.

Die politische Einigung halte die Verbraucherschützer nicht davon ab, die Musterfeststellungsklage gegen VW einzureichen.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Nachdem die große Koalition in Berlin sich Anfang Oktober auf Schritte geeinigt hat, mit denen Diesel-Fahrverbote vermieden werden sollen, gab es viel Kritik, dass damit die meisten Käufer von Diesel-Pkw mit manipulierter Abgasreinigung allein gelassen werden.

Dem schließen sich  – mit unterschiedlicher Stoßrichtung – nun auch die Experten an, die die Rechte der Käufer von Diesel-Pkw gerichtlich verfolgen. So sagt Sebastian Reiling, Referent für die Musterfeststellungsklage beim Verbraucherzentrale Bundesverband:  „Das Ergebnis des Koalitionsausschusses ist eine große Enttäuschung für Verbraucher. Damit haben Dieselfahrer, denen Fahrverbote drohen, weiterhin nur die Möglichkeit, ihren Diesel-Pkw gegen Aufpreis zu tauschen.“ Die politische Einigung halte die Verbraucherschützer nicht davon ab, die Musterfeststellungsklage gegen VW einzureichen.

Diese neue Klageform, die sich auf VW-Pkw mit einem Motortyp bezieht, der mit etwa 2,5 Millionen Einheiten am häufigsten von den Manipulationen betroffen ist, wird am 1. November eingereicht.  Erst danach können sich Verbraucher  durch Anmeldung bei einem Register des Bundesamts für Justiz beteiligen.

Rückmeldungen bei den Verbraucherschützern zeigen laut Reiling großes Interesse an der Klage. Das für den Verbraucher kostenlose Verfahren  ist allerdings nicht einfach: Die Klage gegen VW ist auf die Feststellung gerichtet, dass VW durch Verwendung manipulierter Software Verbraucher vorsätzlich getäuscht hat.

Sollte VW den Prozess verlieren, müsste jeder Verbraucher, der sich bei dem Register angemeldet hat, VW noch individuell verklagen. Verbraucherschützer Reiling setzt aber darauf, dass VW dann „mehr Entgegenkommen zeigt“ als bisher.

Kritik:  „Auf den Schummeldiesel folgt die Schummelklage“

Jan-Eike Andresen vom Rechtsdienstleister myright hält die Musterfeststellungsklage dagegen für ein stumpfes Schwert.  myright hat sich von 40 000 Eigentümern von Diesel-Pkw mögliche Ansprüche gegen VW abtreten lassen und klagt diese gebündelt ein – Ziel ist direkt Schadensersatz  bzw. die Rückabwicklung des Kaufvertrags.

Für die Pkw-Eigentümer ist das kostenlos, sie müssen allerdings 35 Prozent Provision an myright zahlen, wenn die Klage erfolgreich ist. VW kenne die Schwachstellen der Musterfeststellungsklage, sagt Andresen. Daher bestehe für das Unternehmen keinerlei Anreiz, auf einen Vergleich einzugehen.

Die Klage sei für Verbraucher viel zu komplex und werde bis zu einem möglichen Erfolg, den der einzelne Pkw-Besitzer in einem zweiten Schritt weiter verfolgen müsse, fünf bis acht Jahre dauern. „Wer soll sich das alles antun?“, fragt Andresen.

Er sieht in der Musterfeststellungsklage gar ein  „politisches Instrument zum Schutz der Industrie vor wirksamen Klagen, das dem Bürger durch Justizministerin Katarina Barley (SPD) als effizienter Rechtsschutz verkauft wird. Auf den Schummeldiesel folgt die Schummelklage“, sagt Andresen.