Altersteilzeit als Zankapfel

Arbeitgeber und Gewerkschaft streiten über die geplante Neuregelung.

Stuttgart. Vor der fünften Verhandlungsrunde für eine neue Altersteilzeit hat die IG Metall den Druck auf die Arbeitgeber verstärkt: Bundesweit mehr als 30 000 Arbeitnehmer folgten ihrem Warnstreikaufruf. "Wir haben verabredet, bis Ende Juni eine Regelung zu finden, dabei bleibt es, und jetzt machen wir Druck", sagte IG Metall Bezirksleiter Jörg Hofmann.

Betroffen von den Warnstreiks waren in Ulm die Lkw- Bauer Iveco und Deutz sowie kleinere Betriebe. Auch 1500 Mitarbeiter des Mercedes Benz Werks im rheinland-pfälzischen Wörth und 500 Beschäftigte der ThyssenKrupp Aufzugswerke in Neuhausen hatten ihre Arbeit vorübergehend niedergelegt. In Friedrichshafen versammelten sich 3500 Metaller bei einer Kundgebung. Heute werden die Demonstrationen fortgesetzt, unter anderem bei Daimler und bei Bosch.

Die Arbeitgeber kritisierten die Proteste. Das komplexe Thema sei nicht unter Druck zu verhandeln, betonte Südwestmetall. Der Verband strebe zwar eine zügige Lösung an, aber nicht um jeden Preis. "Warnstreiks dienen der Sache nicht", hieß es. Der Arbeitgeberverband Metall von Nordrhein-Westfalen, wo es ebenfalls in mehreren Betrieben zu Protesten kam, bezeichnete die Warnstreiks als "absurdes Theater". Die Arbeitgeber hätten im Frühjahr eine grundsätzliche Bereitschaft zu Nachfolge-Regelungen erklärt.

Morgen verhandeln die IG Metall und der Arbeitgeberverband Südwestmetall in Sindelfingen über eine Anschlussregelung für die staatlich geförderte Altersteilzeit. Die Tarifpartner im Pilotbezirk Baden-Württemberg mit 800 000 Beschäftigten führen die Gespräche stellvertretend für alle Tarifbezirke. Die Branche zählt bundesweit 3,4 Millionen Mitarbeiter.

Bislang können Arbeitgeber vom 57. Lebensjahr an in eine maximal sechsjährige Altersteilzeit gehen. Sie können entweder ihre Arbeitszeit über die Gesamtlaufzeit halbieren oder ein Blockmodell wählen, bei dem sie eine Hälfte der Gesamtlaufzeit voll und die andere gar nicht arbeiten. Mit frühestens
63 Jahren können die Beschäftigten dann in den Ruhestand eintreten, müssen dabei aber Rentenabschläge hinnehmen.

Während der Altersteilzeit wird regulär 50 Prozent des bisherigen Nettolohnes gezahlt; die Bundesagentur für Arbeit (BA) stockt das Gehalt um
20 Prozentpunkte auf und der Arbeitgeber legt weitere zwölf Punkte oben drauf, wenn der ältere Beschäftigte für einen Arbeitslosen oder einen jungen Kollegen seine Stelle räumt.

Die BA-Erstattung wird Ende 2009 wegfallen. Darüber, wer die Lücke zu welchen Teilen schließt, streiten die baden-württembergischen Tarifpartner. Die Arbeitgeber erwarten einen Beitrag der Belegschaften.

Unterdessen streitet die große Koalition über Ruhestandsregelungen. Die SPD will die staatliche Förderung bis 2015 verlängern. Die Union erteilt den Plänen eine Absage. Die IG Metall hatte die Metall-Arbeitgeber bislang vergeblich aufgefordert, sich bei der Bundesregierung für eine verlängerte Förderung einzusetzen. IG Metall-Chef Berthold Huber sagte: "Das SPD-Modell der geförderten Altersteilzeit stellt angesichts der hohen Belastungen am Arbeitsplatz ein akzeptables Ausstiegsmodell für ältere Arbeitnehmer dar."