Arbeitslosigkeit trotz Konjunkturdämpfers auf Rekordtief

Nürnberg/Brüssel (dpa) - Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist im April trotz der schwächelnden Konjunktur erneut auf ein Rekordtief gesunken. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) waren 2 963 000 Männer und Frauen als jobsuchend registriert.

Die Zahl der Erwerbslosen rutschte damit erstmals seit Dezember wieder unter die Drei-Millionen-Marke. Eine niedrigere April-Arbeitslosigkeit hatte es zuletzt vor 20 Jahren gegeben. Der Frühjahrsaufschwung fiel nach Einschätzung von Bankenvolkswirten trotzdem ungewöhnlich schwach aus.

Im Vergleich zum März ging die Zahl der Erwerbslosen lediglich um 65 000 zurück, im Vergleich zum Vorjahr nur noch um 115 000. In den vergangenen drei Jahren war die April-Arbeitslosigkeit im Schnitt mehr als doppelt so stark gesunken. Die Arbeitslosenquote ging aktuell um 0,2 Punkte auf 7,0 Prozent zurück, wie die Bundesagentur am Mittwoch in Nürnberg berichtete. Ein Jahr zuvor hatte sie noch bei 7,3 Prozent gelegen. Ohne die übliche Saisonbelebung wäre die Zahl der Erwerbslosen allerdings um 19 000 gestiegen.

BA-Chef Frank-Jürgen Weise sieht dennoch weiterhin eine „positive Grundtendenz“ auf dem Arbeitsmarkt. Für den schwachen April-Rückgang machte er unter anderem die Einschnitte bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik verantwortlich. Auch bremsten die Osterferien, in die in diesem Jahr der Stichtag fiel, die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen. „Es kann allerdings auch sein, dass sich auch das schwache Wachstum im vierten Quartal 2011 auf den Arbeitsmarkt auswirkt“, räumte Weise ein.

Trotzdem hält die Bundesagentur weiterhin an ihrer optimistischen Arbeitsmarktprognose für das laufende Jahr fest. Laut Weise erwartet die Behörde für 2012 im Durchschnitt 2,92 Millionen Erwerbslose; dies wären 50 000 Jobsucher weniger als im Boomjahr 2011.

Bestätigt in seiner positiven Grundhaltung sieht sich Weise durch das weiterhin große Angebot an freien Stellen, auch wenn sich ein Ende des Booms abzeichne. Die Unternehmen haben der Bundesagentur im April 499 000 unbesetzte Arbeitsplätze gemeldet; dies sind 38 000 mehr als vor einem Jahr. Die positive Tendenz spiegelten auch die Erwerbstätigenzahlen wider. Sie sind nach den jüngsten Daten vom März binnen Jahresfrist um 596 000 auf 41,21 Millionen gestiegen. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung legte im Vergleich zum Vorjahr um 694 000 auf 28,61 Millionen zu (Februardaten).

Im europaweiten Vergleich ist Deutschland nach Österreich, den Niederlanden und Luxemberg weiterhin das Land mit der geringsten Arbeitslosigkeit. In den Euro-Ländern waren im März 17,36 Millionen Menschen ohne Stelle, wie die EU-Statistikbehörde Eurostat am Mittwoch in Luxemburg mitteilte. Das waren so viele wie nie zuvor. Auch die Arbeitslosenquote erreichte mit 10,9 Prozent einen Höchstwert seit der Euro-Einführung. Zuletzt war die Lage im Frühjahr 1997 ähnlich schlecht gewesen.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) rechnet derweil weiterhin mit einer positiven Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland. Auch wenn „die ganz ganz hohe Dynamik“ von vor einem Jahr nicht mehr da sei, so gebe es doch keinerlei Anzeichen für ein Ende des Beschäftigungsaufbaus, sagte von der Leyen in Berlin. Nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) ist die konjunkturelle Schwächephase im zurückliegenden Winterhalbjahr gut überbrückt worden.

Ungleich kritischer beurteilte dagegen SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles die Lage. Nach ihrer Ansicht macht sich die schwächelnde Konjunktur auf dem Arbeitsmarkt bereits bemerkbar, indem sie weniger Rückenwind biete. Die exportorientierte Wirtschaft leide unter den wegbrechenden Absatzmärkten vor allem aus Osteuropa, erläuterte Nahles. Da müsse die Binnennachfrage gestärkt werden, auch mit der Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns.

Unterschiedlich beurteilten auch Arbeitgeber und Gewerkschaften die Entwicklung am Arbeitsmarkt. Der DGB warf der Bundesregierung vor, sie habe versäumt, „für Ordnung und existenzsichernde Löhne am Arbeitsmarkt zu sorgen“, wie DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki kritisierte. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sieht den Arbeitsmarkt dagegen auf Erfolgskurs. „Insbesondere über flexible Beschäftigungsformen wie Befristungen oder Zeitarbeit konnten viele Menschen den Einstieg in Arbeit finden.“

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