Bahn schenkt Siemens Vertrauen

Mega-Auftrag: Trotz Problemen mit den Achsen bei der alten ICE-Generation kauft Hartmut Mehdorn erneut Technik der Münchener.

Berlin. Aus dem Munde von Peter Löscher klang es wie die Fortsetzung einer wunderbaren Freundschaft. Beide Unternehmen seien langjährige Partner, der Siemens-Chef dankte "für das Vertrauen" seines Auftraggebers, der Deutschen Bahn.

Die hat beim Münchner Konzern 15 neue ICE-Züge bestellt, vom jüngsten Typ Velaro, der schon in Spanien und China unterwegs ist. Gerade angesichts der Wirtschaftskrise sei das "ein guter Tag für Siemens und den Standort Deutschland", schwelgte Löscher vor der Vertragsunterzeichnung mit Bahnchef Hartmut Mehdorn im Berliner Bahntower.

2000 Stellen seien in Deutschland dadurch gesichert. Gebaut werden die Züge in Krefeld-Uerdingen.

Mehdorn wiederum nannte das ICE-Angebot von Siemens nicht nur besser als das des einzigen Konkurrenten Alstom. Er sehe bei den Münchnern auch Aufbruchstimmung. Siemens verfolge in Sachen Bahntechnik eine "klare Vorwärtsstrategie", das gefalle ihm, sagte der Bahnchef. Und so werden die rund 500 Millionen Euro für die 15 Züge an Siemens fließen. Weitere Bestellungen sollen folgen, wann und wie viele Züge, hängt von der Konjunktur ab.

So viel wechselseitige Zuneigung war nicht unbedingt zu erwarten. Seit dem Unfall in Köln am 9.Juli, bei dem ein ICE 3 mit einem Achsenbruch bei Schritttempo entgleiste, ist das Verhältnis der Konzerne angespannt.

Nachdem in Radwellen von anderen ICE kleine Risse gefunden wurden, musste die Bahn sie noch häufiger inspizieren, zum Teil alle 30.000 Kilometer. Statt im Netz unterwegs zu sein, standen viele ICE in der Werkstatt. Die Fahrpläne gerieten durcheinander, mancher ICE fuhr nur mit halber Länge und war entsprechend überfüllt.

Mehdorn forderte Siemens als ICE-Konsortialführer mehrmals auf, verlässliche Vorgaben für die Wartungsintervalle zu machen. Ende November schien er sich nicht mehr vertrösten lassen zu wollen. "Wir erwarten, dass die Industrie in den nächsten 14 Tagen endgültig für Klarheit sorgt."

Aber nach diesen zwei Wochen geschah zumindest nach außen hin sichtbar nichts. Ein Bahnsprecher bestätigte gestern, es bleibe einstweilen bei Kontrollintervallen von 30.000 oder 60.000 Kilometern - je nach Achstyp. Löscher wich Fragen nach den Achsenproblemen aus: "Wir wollen der Bahn so schnell wie möglich helfen." Mehdorn sagte zu den aktuellen Schwierigkeiten gar nichts.

Mit dem neuen Velaro-ICE soll jedenfalls alles besser werden. "Er wird mit neu dimensionierten Radsatzwellen ausgestattet sein", kündigten Siemens und Bahn am Mittwoch an. Löscher erinnerte daran, dass die Züge in Spanien schon mehr als zehn Millionen Kilometer ohne Probleme hinter sich gebracht hätten.

Der Velaro sei mittlerweile ein Exportschlager, 109 Exemplare seien bereits an Bahnen im Ausland verkauft. Damit untermauere Siemens seinen Anspruch, in diesem Segment "weltweit die Nummer eins zu sein", sagte Löscher. Ende kommenden Jahres wird die russische Velaro-Varian-te St. Petersburg mit Moskau verbinden.