Bröckelnde RWE-Gewinne durch Atomausstieg
Essen (dpa) - Der deutsche Atomausstieg kostet den Energieriesen RWE einen Milliardenbetrag. Der zweitgrößte Strom- und Gasversorger nach Eon rechnet durch die Energiewende mit einer Belastung von etwa 1 Milliarde Euro in diesem Jahr.
Inklusive Brennelementesteuer seien es 1,3 Milliarden Euro, teilte der RWE-Vorstand am Dienstag mit. Im ersten Halbjahr verzeichnete RWE bereits einen Gewinneinbruch: Das um Sondereffekte bereinigte Konzernergebnis schrumpfte um fast 40 Prozent auf knapp 1,7 Milliarden Euro. Neben dem Atomausstieg spielte dabei allerdings auch das schlechteres Gasgeschäft eine Rolle. Durch ungünstige Lieferverträge schrieb der Gasgroßhandel rote Zahlen. Der Halbjahresumsatz stagnierte bei rund 27,5 Milliarden Euro.
„Die Beschlüsse zur Kernenergie führen zu erheblichen Ergebnisbelastungen“, betonte RWE-Chef Jürgen Großmann bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz. Dazu zählt der Essener Konzern die Gewinneinbußen durch das Aus der beiden Atommeiler Biblis A und B, Abschreibungen für neue Brennstäbe und Rückstellungen für den Anlagenrückbau.
Der „vorzeitige Ausstieg“ aus der Kernenergie mache mit den daraus resultierenden Belastungen die Umgestaltung der Energielandschaft deutlich schwieriger, warf der RWE-Chef der Bundesregierung vor. Die Unternehmen müssten gleichzeitig die Nutzung der erneuerbaren Energien noch schneller ausbauen, die viel Kapital erfordere.
RWE reagiert auf die Herausforderungen mit einem Maßnahmenpaket, das bereits am Montag verkündet wurde. Dazu gehören eine Kapitalerhöhung, Investitionskürzungen und größere Einsparungen. Außerdem soll das Verkaufsprogramm von bisher 8 Milliarden auf bis zu 11 Milliarden Euro ausgeweitet werden. Darunter könnten unter anderem auch Aktivitäten der Öl- und Gastochter RWE Dea in Ägypten fallen.
Von einem Stellenabbau ist nicht die Rede. Großmann betonte, dass RWE vor vier Jahren ein Sparprogramm gestartet habe. RWE sei dezentral aufgestellt. Im ersten Halbjahr stieg die Mitarbeiterzahl um 1850, weil Stellen in Wachstumsbereichen hinzugekommen seien und der Regionalversorger NVV (Mönchengladbach) zum ersten Mal voll in den Büchern von RWE stehe.
Mit Blick auf seine bisher ungünstigen Gaslieferverträge äußerte Großmann neue Zuversicht. Bei den Gesprächen mit dem russischen Gasunternehmen Gazprom gehe es nicht nur um eine strategische Partnerschaft in der Energieerzeugung, sondern um die langfristigen Gaslieferverträge. Er rechne mit einem einvernehmlichen Ergebnis.
Die langfristigen Gaslieferverträge bescheren RWE Verluste. Sie sind an den hohen Ölpreis gebunden, während die Preise für Gas wegen eines Überangebots niedriger blieben. Daher muss RWE für das Gas mehr bezahlen als es damit an den Spotmärkten verdienen kann.
Der Essener Energieriese erwartet 2011 einen noch größeren Gewinnrückgang als im Februar vorhergesagt, wie er am Montag ebenfalls bekanntgab. Der um Sondereinflüsse bereinigte Konzerngewinn werde gegenüber 2010 um etwa 35 Prozent statt 30 Prozent zurückgehen. Deshalb dürfte für das Jahr 2011 auch die Dividende zurückgehen.
Vattenfall und EnBW hatten schon erhebliche Belastungen durch den Atomausstieg für ihr Geschäft vermeldet. EnBW rutschte im ersten Halbjahr sogar in die Verlustzone. Auch für den Energiekonzern Eon erwarten Analysten einen deutlichen Gewinnrückgang.