Fluglotsen: Schwieriger Start in die Schlichtung
Die Kontrahenten haben sich bis zuletzt vor Gericht bekriegt. Die Atmosphäre scheint vergiftet.
Frankfurt. An ein derartiges Hickhack wie beim nun ausgesetzten Fluglotsenstreik kann sich selbst der altgediente Arbeitsrichter Rainer Bram nicht erinnern. „So knapp war es noch nie“, sagt der Jurist, der sich seit gut zehn Jahren am Landesarbeitsgericht Frankfurt mit Arbeitskampffragen beschäftigt. Dabei ist er schwierige Kunden wie Lokführer und Piloten gewohnt.
Innerhalb einer knappen Woche haben sich die Gewerkschaft der Flugsicherheit (GdF) und die bundeseigene Deutsche Flugsicherung (DFS) gleich zweimal vor den Gerichten bis aufs Messer bekämpft, um nun doch in die Schlichtung zu gehen. Bram hatte in der Nacht zum Dienstag den Lotsen grünes Licht für einen Streik gegeben — direkt danach hatte DFS-Personalchef Jens Bergmann den Schlichter angerufen. Damit gilt eine Friedenspflicht von mindestens vier Wochen.
Die Lotsen haben bereits den starken Gegenwind gespürt, der ihnen im Falle eines Arbeitskampfes entgegenwehen könnte. Aus nahezu allen Rohren schossen Touristik- und Luftfahrtverbände gegen den Streik der Bestverdiener. Selbst ihr oberster Dienstherr, Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), bediente die Neiddebatte, als er die Jahresgehälter der Fluglotsen von um die 120 000 Euro gegen die Urlaubsbudgets der Bürger aufrechnete.
Dabei geht es in dem Konflikt für die mehr als 5000 DFS-Tarifbeschäftigten nicht vordergründig ums Geld. Die bundeseigene DFS steht vor gewaltigen Veränderungen, bei denen sich die Geschäftsleitung nicht allzu enge Fesseln anlegen lassen will. Auf dem Weg zum einheitlichen Europa-Luftraum will die EU die Flugsicherungen in den Wettbewerb zwingen.
Eine Neuerung sind gedeckelte Gebühren unter dem bisherigen Niveau. Bislang legt die Flugsicherung ihre Vollkosten einfach auf die Kunden um. Das hat auch in der Vergangenheit finanzielle Zugeständnisse an die Lotsen erleichtert, die zu den Spitzenverdienern ihres Berufsstandes gehören.
Mehr Verkehr muss künftig mit weniger Mitteln abgewickelt werden. Den Lotsen fällt es schwer einzusehen, dass für die Sicherheit weniger Geld da sein soll. Die GdF reagierte auf die Herausforderung mit einem Tarif-Plan, wie künftig mehrere hundert mittlere Führungspositionen bei der DFS zu besetzen seien — nämlich vorrangig mit erfahrenen Lotsen. Die sind aber knapp und sehr teuer. Zudem will die GdF die Zahl der Überstunden von 150 auf 80 pro Jahr begrenzen. DFS-Personalchef Bergmann spricht daher von einer „Machtprobe“.
Die Lotsen wiederum sind sauer wegen der juristischen Scharmützel: „An eine solch vergiftete Atmosphäre kann ich mich nicht erinnern“, sagt GdF-Tarifvorstand Markus Siebers.