Deutlich mehr Streiks in Deutschland
Düsseldorf (dpa) - Die Tarifkonflikte in der Metallindustrie und im öffentlichen Dienst haben im vergangenen Jahr die Streikzahlen in Deutschland deutlich nach oben getrieben.
Rund 1,2 Millionen Beschäftigte hätten sich an Streiks und Warnstreiks beteiligt, mehr als sechsmal so viele wie 2011, berichtete das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung am Mittwoch in Düsseldorf. Durch die Streiks seien schätzungsweise 630 000 Arbeitstage ausgefallen, mehr als doppelt so viele wie 2011.
Allein in der Metall- und Elektroindustrie haben nach WSI-Angaben mehr als 800 000 Beschäftigte befristet die Arbeit niedergelegt. Im öffentlichen Dienst beteiligten sich rund 300 000 Mitarbeiter an Streikaktionen. Da in beiden Bereichen erneut Tarifverhandlungen anstehen, deutet nach Einschätzung des WSI-Arbeitskampfexperten Heiner Dribbusch wenig auf ein arbeitskampfarmes Jahr 2013 hin. Auch beim Einzelhandel gebe es hohes Konfliktpotenzial. Im öffentlichen Dienst gibt es bereits Warnstreiks.
Die meisten der rund 250 Arbeitskämpfe habe es 2012 im Rahmen von Auseinandersetzungen über Haus- und Firmentarifverträge gegeben. So sei beim Sparkassen-Callcenter S-Direkt in Halle bis zu einem Abschluss 126 Tage gestreikt worden. Im Dienstleistungsbereich mit seiner zerklüfteten Tariflandschaft habe es einen neuen Höchststand an Konflikten gegeben. Dem Verdi-Bundesvorstand hätten im vergangenen Jahr 188 neue Anträge auf Arbeitskampfmaßnahmen vorgelegen, so viele wie noch nie seit Gründung der Dienstleistungsgewerkschaft.
Im internationalen Vergleich werde in Deutschland aber relativ wenig gestreikt, betont das WSI. So habe es im vergangenen Jahr hierzulande 17 Ausfalltage auf 1000 Beschäftigte gegeben, in Frankreich seien es beispielsweise 162 Tage gewesen, in Kanada 154 Tage. Auch in Großbritannien hätten die 24 Ausfalltage über dem deutschen Wert gelegen.
Die genaue Zahl der Streiktage und Beteiligten lässt sich nach WSI-Angaben nicht ermitteln. Die Zahlen des Instituts sind Schätzungen auf der Basis von Gewerkschaftsangaben, Pressemeldungen und eigenen Recherchen.