Deutsche Wirtschaft trotzt Alarmzeichen
München (dpa) - Die deutschen Unternehmen bleiben trotz wachsender Risiken in wichtigen Exportländern in bester Laune.
Weder die Turbulenzen an den Finanzmärkten aufstrebender Schwellenländer wie Brasilien oder der Türkei noch der kalte Winter in den USA können die gute Stimmung in den Chefetagen trüben. Zwar blicken die Firmen ein klein wenig vorsichtiger auf die kommenden Monate.
Doch die Bewertung ihrer aktuellen Lage fällt so positiv aus, dass der Ifo-Geschäftsklimaindex im Februar insgesamt erneut gestiegen ist - entgegen der Erwartung der meisten Experten.
Das wichtige Stimmungsbarometer kletterte im zweiten Monat des Jahres von 110,6 auf 111,3 Punkte. Höher stand der Ifo-Index zuletzt im Juli 2011. Fachleute hatten eigentlich mit einem kleinen Rückgang um 0,1 Punkte gerechnet.
„Die deutsche Wirtschaft behauptet sich in einer wechselhaften Großwetterlage“, sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn am Montag in München. „Die aktuelle Geschäftslage ist von den Unternehmen deutlich besser bewertet worden als im Vormonat.“
Der Wert für die Erwartungen trübte sich allerdings leicht von 108,9 auf 108,3 Punkte ein. Grund dafür dürften vor allem die großen Unsicherheiten in den Schwellenländern sein, die für etliche deutsche Firmen längst wichtige Handelspartner sind.
Die Lage etwa in der Türkei oder in Brasilien sei durchaus nicht zu unterschätzen, sagte Sinn dem Nachrichtensender n-tv. „Diese Länder haben sich sehr stark verschuldet in der Vergangenheit, haben eine blasenhafte Wirtschaftsentwicklung gehabt. Und das könnte platzen.“ Davon könnten dann auch die deutschen Ausfuhren betroffen sein. Grund zur Panik gebe es deswegen aber keinesfalls.
„Das ist ja nur ein Teil des Geschehens“, erklärte Sinn. „Die wirklichen Exporte laufen gut, die Binnennachfrage ist prächtig. Also: Insgesamt kann man sehr zufrieden sein.“ Auch andere Wirtschaftsforscher sehen das so - und könnten sich am Ende sogar ein stärkeres Wachstum vorstellen.
„Unsere 2014er Wachstumsprognose für Deutschland von 1,7 Prozent könnte etwas zu konservativ sein“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Der Ifo-Index stütze die Auffassung der Europäischen Zentralbank, dass sich die Wirtschaft im Euroraum allmählich erhole.
Auch aus Sicht von KfW-Volkswirt Jörg Zeuner zeigt das Stimmungsbild, dass die Unternehmen darauf bauten, dass Deutschland in diesem und im kommenden Jahr deutlich kräftiger wachsen werde als in den vergangenen zwei Jahren. Zugleich warnte Zeuner jedoch vor Risiken: „Das setzt allerdings voraus, dass die Finanzmarkt-Turbulenzen in den Schwellenländern nicht eskalieren - was im Extremfall die globale Erholung beschädigen könnte und für die deutsche Exportwirtschaft genauso dämpfend wäre wie ein ernsthafter Rückschlag in Europa.“
Bisher ist davon wenig zu spüren. Die deutsche Wirtschaft zeigt sich zum Jahresstart in robuster Verfassung. Aber auch Christian Schulz, Konjunkturexperte der Berenberg Bank, betonte, dass Deutschland nicht gänzlich immun gegen die Schwierigkeiten sei, die sich derzeit in vielen wichtigen Schwellenländern zeigten. Dies lasse sich an den gesunkenen Erwartungen ablesen. Zugleich könne Deutschland allerdings auch auf eine stabile Binnenkonjunktur setzen. Treiber für den Stimmungsaufschwung sei die Bewertung der aktuellen Lage.
Allem Auf und Ab zum Trotz hält sich der Ifo-Index nun bereits seit März 2010 über der Marke von 100 Punkten. Den letzten kleinen Rückgang hatte er im Oktober des vergangenen Jahres verzeichnet. Erst nach drei Veränderungen in eine Richtung sprechen Volkswirte von einer möglichen Trendwende. Der Ifo-Index wird monatlich durch die Befragung von rund 7000 Unternehmen ermittelt. Seinen bislang höchsten Stand erreichte er im Februar 2011 bei einem Wert von 115,1 Punkten. Im März 2009 lag der bisherige Tiefstand bei 84,5 Punkten.