Dicke Luft in Breslau: Europa liest Amerika die Leviten
Die EU-Finanzminister sind zerstritten — und machen doch gemeinsam Front gegen die USA.
Breslau. Bei den europäischen Finanzministern herrschte von Anfang an dicke Luft. Bevor die Sitzung in der historischen Jahrhunderthalle im polnischen Breslau (Wroclaw) überhaupt begann, diktierte die finnische Ressortchefin Jutta Urpilainen Reportern in die Mikrofone, im Streit um Extra-Sicherheiten für Griechenland-Hilfsmilliarden sei keine rasche Einigung zu erwarten.
„Ich bleibe zuversichtlich“ — das war die einzige positive Bemerkung, die der Kassenhüterin aus Helsinki gestern entglitt. Das nordische Land pocht auf ein Pfand für mehr Griechenlandgeld. Und der Poker geht weiter.
EU-Währungskommissar Olli Rehn hatte in Breslau auf greifbare Fortschritte gehofft — vergeblich. Während an den Finanzmärkten über eine Pleite Griechenland spekuliert wird, verzetteln sich die 17 Eurostaaten in Detaildebatten über ihr neues Hilfspaket von 109 Milliarden Euro. Eigentlich kein Wunder, denn in Berlin und anderen Hauptstädten steigt der Druck. Viele Regierungen müssen um die parlamentarische Zustimmung für die Gipfel-Beschlüsse vom 21. Juli kämpfen. Die Euro-Rettung — jetzt auch eine innenpolitische Zitterpartie mit ungewissem Ausgang.
Die Euro-Länder demonstrierten, dass sie immer weiter auseinanderdriften. Während fünf Mitgliedstaaten, unter ihnen Frankreich, Italien und Spanien, das im Sommer ausgehandelte neue Griechenland-Paket und die Ausweitung des Krisenfonds für klamme Eurostaaten schon billigten, sind andere noch längst nicht so weit. Und dann war da noch Timothy Geithner: Der US-Kassenhüter war gerade in Polen und wollte am Treffen der Euro-Kollegen teilnehmen. Ein Wunsch, der ihm nicht verwehrt wurde.
Aber Freude kam beim Besuch des „Freundes“ (Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker) nicht auf. Die Europäer ließen den Kollegen aus Washington mit seinem Ansinnen abblitzen, doch bitte mal viel Geld in die Hand zu nehmen, um den Konjunkturmotor wieder anzuwerfen und damit auch etwas Gutes für die Welt zu tun.
Umgekehrt wollte der US-Partner vom europäischen Vorstoß einer Steuer auf Finanztransaktionen nichts wissen, wie die österreichische Ressortchefin Maria Fekter berichtete. „Immerhin ist am Markt wesentlich mehr Geld vorhanden als bei den Steuerzahlern. Das hat er aber striktestens abgelehnt, der Herr Geithner.“