Druck auf Griechenland wächst
Athen/Washington (dpa) - Der internationale Druck auf das pleitebedrohte Griechenland wächst: Nach einer Serie von radikalen Sparbeschlüssen muss Athen jetzt liefern.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble forderte die Regierung des Landes eindringlich auf, die versprochenen Gegenleistungen für die Finanzhilfen jetzt auch einzuhalten. „Die eingegangenen Verpflichtungen und Vereinbarungen müssen umgesetzt werden“, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Freitag in Washington nach einem Treffen der G20-Finanzminister und -Notenbankchefs. Allerdings wächst die Skepsis, ob Griechenland in der Lage sein wird, dies zu erfüllen.
Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos soll erstmals über einen Schuldenschnitt von 50 Prozent gesprochen haben. Dies berichteten übereinstimmend mehrere griechische Medien am Freitag. Der US-Ökonom Kenneth Rogoff hält einen Schuldenschnitt für unvermeidlich. Der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Freitag) sagte Rogoff: „Die Gläubiger werden von einem Euro nominalen Schulden wahrscheinlich nur 30 oder 40 Cent wiedersehen, vielleicht noch weniger.“
Der niederländische Notenbankchef Klaas Knot schließt unterdessen eine Pleite Griechenlands nicht mehr aus. „Dies ist eines der Szenarien“, sagte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) in einem Interview mit der niederländischen Wirtschaftszeitung „Het Financieele Dagblad“.
„Ich war lange davon überzeugt, dass ein Konkurs nicht erforderlich ist“, sagte Knot nach Angaben der Zeitung. „Die Nachrichten aus Athen sind jedoch zuweilen nicht ermutigend. Alle Anstrengungen sind darauf gerichtet, dies zu vermeiden, aber ich bin nun weniger entschieden beim Ausschließen eines Konkurses, als ich das noch vor ein paar Monaten war.“ Griechenland habe noch keinen glaubwürdigen Plan zur Wiederherstellung vorlegen können. „Das scheint mir kein böser Wille sein, aber es gibt Zweifel an der Qualität der Behörden und daran, dass die Politik das Land ausreichend im Griff hat.“
Venizelos wollte am Freitag in New York der IWF-Chefin Chrstine Lagarde sowie Bankern die neuesten Sparbeschlüsse seiner Regierung präsentieren. Dies teilte sein Büro in Athen mit. Zudem wollte Venizelos für die Beteiligung von amerikanischen Banken bei der Beteiligung des privaten Sektors (PSI) an dem im Juli geschnürten zweiten Hilfspaket werben. Die IWF-Experten werden in der kommenden Woche zusammen mit EU- und EZB-Fachleuten in Athen prüfen, wie ernst es Griechenland mit dem Sparen meint. Gibt die „Troika“ kein grünes Licht, bekommt Griechenland die nächste Acht-Milliarden-Tranche aus dem ersten Hilfspaket nicht - und das Land wäre im Oktober zahlungsunfähig.
Venizelos erörterte den Athener Medien zufolge am Vortag den Abgeordneten seiner Partei verschiedene Szenarien. Eines davon sei der Verbleib des Landes im Euroland mit einem Schuldenschnitt von 50 Prozent, berichteten die regierungsnahe Athener Zeitung „Ta Nea“ und die Nachrichten Internetseite „in.gr“ am Freitag. Auch das Boulevardblatt „Ethnos“ veröffentliche diese Informationen. Die Zeitung „Ta Nea“ zitierte den Minister mit dem Satz: „Wir (in Athen) sollten aber nicht diejenigen sein, die dies ins Gespräch bringen. Es ist gefährlich.“
Venizelos Büro reagierte mit einer der dpa vorliegenden Erklärung, in der er sich zu den Zielen der Beschlüsse der EU bekennt und hinzufügt: „Alle diese Diskussionen, die Gerüchte, die Kommentare und Szenarien lenken ab vom zentralen Ziel.“ Dies sei für Griechenland die Fortsetzung seiner Sparpolitik.
Venizelos und sein Regierungschef Giorgos Papandreou müssen auch in den eigenen Reihen der sozialistischen Regierungspartei für die Notwendigkeit abermals neuer harter Sparmaßnahmen zu gewinnen. In der regierenden Partei gibt es gewaltigen Widerstand gegen die neuen Sparmaßnahmen. Eine Abstimmung zur neuen Sonder-Immobiliensteuer musste wegen angeblicher Krankheit mehrerer Abgeordneter der Regierungspartei für nächste Woche vertagt werden.
Die so genannte EU-Taskforce für Griechenland wird dem Land nach Überzeugung ihres Chefs Horst Reichenbach helfen, künftig seine Hausaufgaben besser zu machen. Die Taskforce könne dazu beitragen, dass die „Troika“ künftig auf weniger Probleme stößt, wenn es darum geht, die Fortschritte bei der Schuldensenkung Griechenlands zu überprüfen. „Das Troika-Drama, das wir jetzt erleben, darf sich nicht alle drei Monate wiederholen. Das muss reibungsloser ablaufen als dieses Mal. Die Griechen haben das hoffentlich verstanden, und ich will sie dabei unterstützen, ihre Hausaufgaben bis Dezember zu machen“, sagte Reichenbach in der „Handelsblatt“-Onlineausgabe. „Wenn die Troika im Dezember nach Athen fährt, sollte alles soweit bereit sein, dass sie nur noch ihre Häkchen machen muss.“