Es kracht zwischen VW und Fiat
Fiat-Boss Sergio Marchionne wirft dem deutschen Konzern ruinöse Preispolitik vor — mit drastischen Worten.
Wolfsburg/Turin. Deftige Sprüche in Richtung Konkurrenz sind ein Markenzeichen von Sergio Marchionne. Mit seiner „Blutbad“-Attacke hat der streitlustige Fiat-Boss aus Sicht des Platzhirschs Volkswagen jetzt überreizt: Er solle als Chef von Europas Autoverband Acea seinen Hut nehmen, forderte VW-Chef Martin Winterkorn. Die sich zuspitzende Absatzkrise sorgt zusehends für Nervenflattern.
Marchionne tritt gern forsch auf, ist sich für Sticheleien mit Rivalen nicht zu schade. Im aktuellen Rabattkampf drücke VW als drittgrößter Autobauer der Welt rücksichtslos die Preise, wurde er in der „New York Times“ zitiert. Damit trieb es der 60-Jährige nun womöglich zu weit. Denn die Retourkutsche der Deutschen geriet zur unverhohlenen Drohung: Wenn Marchionne wegen seiner Verbalattacke nicht den Vorsitz des Acea abgebe, erwäge VW selbst den Austritt.
Freitag gingen die Turiner auf Tauchstation. VW-Kommunikationschef Stephan Grühsem hatte Marchionne als untragbar an der Acea-Spitze bezeichnet. Selten reagiert der Konzern so dünnhäutig, der Angriff des Rivalen traf mitten in der Absatzkrise in den Schuldenstaaten aber offenbar einen Nerv.
Sergio Marchionne
Eine Dumpingpreis-Strategie will sich VW nicht anhängen lassen. Der Konzern, der trotz der Europa-Probleme starke Halbjahreszahlen für Asien und Amerika vorgelegt hatte, rümpft auch die Nase, weil er sich von Verbandschef Marchionne nicht strikte Unparteilichkeit, aber doch Diplomatie in Wettbewerbsfragen zu Krisenzeiten erwartet. Zudem mischt Fiat bei europaweiten Preisnachlässen selbst kräftig mit.
„Das ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt“, glaubt Autoexperte Willi Diez. Der Fiat-Lenker sei auch angesichts der eigenen Absatzschwäche massiv unter Druck, sagt der Professor am Institut für Automobilwirtschaft: „Er steht mit dem Rücken zur Wand.“ Zwar drehe auch VW an der Preisschraube, um in Krisenmärkten wie Spanien, Italien und Portugal, aber auch in Frankreich Schlimmeres zu verhindern. Dennoch könne man VW kein gezieltes Anheizen der Rabattschlacht vorwerfen. „Fiat beteiligt sich genauso wie andere.“ Er vermute, dass einige ausländische Anbieter der pure Neid auf die guten Verkäufe von VW, Audi, BMW, Daimler und Porsche gepackt hat, sagt Diez: „Das wird zum Stachel im Fleisch der Nachbarn.“