Euro-Krise zwingt Staaten zur Bankenrettung
Berlin/Brüssel/Bratislava (dpa) Drei Jahre nach der Finanzmarktkrise müssen in Europa wieder Banken gerettet werden. Die belgisch-französische Großbank Dexia wird zerschlagen und teilweise verstaatlicht.
In Griechenland wird eine kleine Bank von der Notenbank gerettet.
Weil Berlin und Paris erst Ende Oktober ein Gesamtpaket zur Eindämmung der Krise vorlegen wollen, wird der für nächste Woche geplante EU-Gipfel auf den 23. Oktober verschoben. In der Slowakei steht die Abstimmung über den Euro-Schutzschirm auf der Kippe, die Regierung droht zu zerbrechen. Der deutsche Leitindex Dax lag zu Wochenstart leicht im Plus.
Für die Großbank Dexia wurde in der Nacht zum Montag eine Lösung gefunden: Belgien übernimmt den belgischen Arm der Bank für vier Milliarden Euro komplett. Zudem werden Belgien, Frankreich und Luxemburg gemeinsam weitere 90 Milliarden Euro als Garantien für Risikopapiere stellen, die in eine sogenannte Bad Bank ausgelagert werden. Dexia hatte sich mit Investitionen in Griechenland übernommen und war ins Taumeln geraten. Schon 2008 musste der Staat der Bank helfen. In den vergangenen Tagen zogen verunsicherte Kunden massenweise Spargelder ab.
Das Geldhaus spielt eine bedeutende Rolle als langfristiger Finanzier französischer Kommunen. Dieser Bereich soll abgespalten und von der französischen Staatsbank Caisse des Depots und der Postbank Banque Postale aufgefangen werden. Der Verwaltungsrat beauftragte das Bankmanagement damit, entsprechende Verhandlungen mit den französischen Instituten aufzunehmen, wie Dexia in Brüssel mitteilte. Für den luxemburgischen Arm und die türkische Tochter Deniz-Bank werden noch Käufer gesucht.
Angesichts der neuen Bankenkrise und laufender Beratungen wurde der für Mitte Oktober geplante EU-Herbstgipfel um knapp eine Woche nach hinten verschoben. Das Treffen finde nun am 23. Oktober zeitgleich mit dem Gipfel der 17 Euro-Länder-Chefs statt, teilte EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy in Brüssel mit.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatten am Sonntagabend in Berlin betont, man werde das Nötige tun, um die Rekapitalisierung der Banken sicherzustellen. Regierungssprecher Steffen Seibert dämpfte zu hohe Erwartungen. Man dürfe „kein Wundermittel“ erwarten, das auf einen Schlag alle Probleme der Euro-Zone löse. Die Regierung werde bei den Vorschlägen die Rechte des Bundestages peinlich genau einhalten. Das Bundesverfassungsgericht hatte kürzlich in seinem Euro-Urteil das Haushaltsrecht des Parlaments gestärkt.
In Athen teilte das Finanzministerium Montag mit, dass bei der Protonbank die griechische Notenbank einspringen werde. Das Geldhaus mit rund 700 Angestellten war ins Wanken geraten, nachdem die Justiz des Landes Informationen nachging, die Bank betreibe Geldwäsche. Jetzt soll die Notenbank Gelder vom 2010 geschaffenen Rettungsschirm in Höhe von 110 Milliarden Euro anzapfen, um dem Haus zu helfen.
Am Wochenende hatten sich Hinweise auf eine radikale Umschuldung Griechenlands verdichtet. Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Finanz- und Verhandlungskreisen erfuhr, werden aktuell in der Eurogruppe Szenarien für einen Schuldenschnitt von bis zu 60 Prozent durchgespielt. Gläubiger Griechenlands müssten dann auf diesen Anteil ihrer Forderungen verzichten.
Von einem Schuldenschnitt wären in Deutschland auch die Stauerzahler betroffen. Der Bund hat bei den internationalen Hilfen Griechenland bisher Notkredite in Höhe von 13,45 Milliarden Euro über die Förderbank KfW gewährt. Ein Schuldenschnitt von 60 Prozent käme aus Sicht von Ökonomen einer Insolvenz Griechenlands gleich. Europäische Banken drohten dann Milliarden-Abschreibungen - deshalb brauchen sie mehr Kapital als Risikopuffer.
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) dringt angesichts der neuen Bankenrettungspläne darauf, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer zu forcieren. Dies wäre „ein deutliches Signal“, dass nicht nur der Steuerzahler, sondern endlich auch der Bankensektor an den Kosten beteiligt werde.
Vor der entscheidenden Abstimmung am Dienstag in der Slowakei über den Euro-Rettungsschirm EFSF verschlechterten sich die Chancen auf ein Ja. Bisher konnten die vier Parteien der Mitte-Rechts-Regierung keinen Kompromiss finden. Die Slowakei ist das letzte der 17 Euro-Länder, das abstimmt. Am Montagabend wurde die Zustimmung in Malta erwartet.