Nervenkrieg um Fluglotsenstreik

Frankfurt/Main (dpa) - Das schier endlose Tauziehen um einen Fluglotsenstreik verunsichert Hunderttausende deutsche Fluggäste. Der Vorstand der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) sprach sich am späten Montagnachmittag nach der gescheiterten Schlichtung für einen Arbeitskampf aus.

Wenig später erklärte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), für diesen Mittwoch sei ein weiteres Gespräch vereinbart worden. „Damit sind Streiks erst einmal vom Tisch und insofern keine Beeinträchtigungen des Flugbetriebs zu befürchten.“

Die GdF hatte ein neues Angebot der Deutschen Flugsicherung als unzureichend abgelehnt. Einem Gespräch mit dem Bund als Anteilseigner werde man sich aber nicht verschließen. Wenn in einem kurzfristig zustande kommenden Gespräch ein Ergebnis erzielt werde, könnten Arbeitskampfmaßnahmen noch verhindert werden. Ramsauer kündigte an, der Bund werde auf Staatssekretärsebene an dem Gespräch teilnehmen. Er forderte, die Lösung müsse am Verhandlungstisch gefunden werden.

Bereits am Montag mussten Flugpassagiere an mehreren deutschen Flughäfen Geduld beweisen. Wegen einer Serie von Betriebsversammlungen des Bodenpersonals kam es in München, Frankfurt und Düsseldorf zu Verspätungen. Die Gewerkschaft Verdi hatte zu den Betriebsversammlungen aufgerufen, Hintergrund sind EU-Pläne zur Privatisierung.

Ramsauer erklärte am Montagabend: „Angesichts der für Mittwoch drohenden Streiks bei der Deutschen Flugsicherung habe ich heute einen letzten Versuch zur Klärung der strittigen Punkte gestartet.“ Für diesen Mittwoch sei ein weiteres Gespräch vereinbart worden. Moderiert werde es vom bisherigen Schlichter Volker Rieble. Daran teilnehmen werden laut Ramsauer jeweils vier Vertreter der DFS und der Gewerkschaft der Fluglotsen. Allerdings ist längst nicht klar, dass diese Verhandlung auch eine Einigung bringt. Scheitert auch dieser Versuch, müsste die Gewerkschaft einen Streik mit 24 Stunden Vorlauf ankündigen.

Die bundeseigene DFS hatte am Montag vorgeschlagen, alle Schicht- und Teamleiter sollten demnach in eine höhere Vergütungsgruppe eingestuft werden. Im Gegenzug wollte die DFS allerdings das Gehalt der Neulinge in dieser Gruppe schmälern. Dieses Angebot wies die GdF als unzureichend zurück. Die DFS erklärte, sie sei jederzeit zu Verhandlungen bereit, habe aber zu einem neuen Gespräch noch keine Einladung erhalten. Bisher habe die Gewerkschaft das Unternehmen noch nicht informiert. „Diese Art der Kommunikation können wir nicht verstehen“, sagte eine DFS-Sprecherin.

Die Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaft und der Deutschen Flugsicherung für die rund 6000 DFS-Beschäftigten, darunter mehr als 2000 Fluglotsen, waren vergangenen Freitag ergebnislos abgebrochen worden. Gewerkschaft und Flugsicherung gaben sich gegenseitig die Schuld am Scheitern.

Ohne das befürchtete Chaos verlief am Montag eine Serie von Betriebsversammlungen an deutschen Flughäfen, mit denen die Gewerkschaft Verdi gegen Pläne zur Privatisierung beim Bodenpersonal mobil machte. Am zweitgrößten deutschen Flughafen in München starteten allerdings am Nachmittag alle innerdeutschen und europäischen Flüge um 30 bis 45 Minuten verspätet. Auch in Frankfurt gab es zahlreiche Verspätungen - wie viele aber durch die Betriebsversammlung ausgelöst wurden oder durch den starken Wind, der zeitgleich über Deutschlands größtem Airport blies, war nach Angaben des Betreibers Fraport unklar. In Düsseldorf waren laut Betreiber 30 Flüge bis zu eineinhalb Stunden in Verzug.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi befürchtet Lohndumping und Überregulierung durch die EU-Pläne für mehr Wettbewerb beim Bodenpersonal. In Frankfurt versammelten sich rund 1500 Mitarbeiter auf dem Vorfeld, in München nahmen rund 300 Mitarbeiter teil. An den Flughäfen Düsseldorf und Köln-Bonn informierten sich am Nachmittag nach Gewerkschaftsangaben insgesamt etwa 700 Beschäftigte der Bodenverkehrsdienste. In Nürnberg, Hannover-Langenhagen und Bremen gab es nach Darstellung der Airports keine oder kaum Auswirkungen für die Passagiere.