Euroraum steckt in Rezession
Brüssel (dpa) - In der Krise vertieft sich die Kluft zwischen den Euro-Schwergewichten Deutschland und Frankreich. Die französische Wirtschaft wird im laufenden Jahr laut Prognose der EU-Kommission faktisch auf der Stelle treten.
Paris werde beim Haushaltsdefizit zudem erneut die Maastrichter Defizitmarke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung verfehlen, berichtete die EU-Behörde am Freitag in ihrem Konjunkturgutachten. In Brüssel wächst laut EU-Diplomaten die Sorge, dass Frankreich zum neuen Problemfall der Eurozone wird. Deutschland bleibe dagegen ein Lichtblick.
Wegen der schwachen Entwicklung in Frankreich, Spanien und Italien wird laut Prognose die Eurozone auch im laufenden Jahr noch in der Rezession verharren - erst 2014 werde die Wirtschaft wieder wachsen. Die EU-Experten rechnen mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent, statt wie bislang einem Plus von 0,1 Prozent. Das belastet die Staatshaushalte und lässt den Schuldenberg wachsen.
Deutschland bleibt Konjunkturlokomotive des Euroraums. Die größte Volkswirtschaft Europas wird in diesem Jahr mit 0,5 Prozent aber nicht ganz so stark zulegen können wie erwartet. Erst 2014 rechnen die Experten wieder mit einem dicken Plus von zwei Prozent und sprechen von einer „schrittweisen Erholung“. Damit setzt sich Deutschland von den anderen großen Währungspartnern ab. Das deutsche Defizit werde in diesem Jahr mit 0,2 Prozent weit von der vorgeschriebenen Drei-Prozent-Marke entfernt bleiben.
Der Aufschwung im Euroraum werde erst 2014 kommen, und zwar mit 1,4 Prozent. „In nächster Zeit könnte eine gewisse Stabilisierung eintreten“, sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel. Voraussetzung dafür seien Reformen. „Wir müssen auf dem wichtigen Reformkurs bleiben“, mahnte Rehn und nannte insbesondere Italien und Frankreich. Sonst werde der Aufschwung bei Wachstum und Beschäftigung noch länger auf sich warten lassen. An den Finanzmärkten sei das Vertrauen in den Euroraum inzwischen wieder zurückgekehrt.
Die Spaltung zwischen dem Norden und dem Süden wächst. Südeuropa leidet unter Rekordarbeitslosigkeit, fehlenden Investitionen und verschuldeten Haushalten. In den beiden südlichen Euro-Schwergewichten Italien und Spanien wird die Wirtschaft um ein Prozent beziehungsweise 1,4 Prozent einbrechen. Spanien erhält von den Europartnern bereits mehr als 40 Milliarden Euro Hilfen für die Rettung maroder Banken.
Von den Krisenländern unter dem Euro-Rettungsschirm steht Irland mit einem Prozent Wachstum gut da, während in Griechenland die Wirtschaft um 4,4 Prozent schrumpft und auch in Portugal die Konjunktur einbricht.
Die Arbeitslosigkeit in der Eurozone steigt in diesem Jahr laut EU-Kommission auf mehr als zwölf Prozent und somit auf ein neues Rekordhoch. „In Spanien ist die Arbeitslosigkeit bei 26 Prozent angekommen, was völlig inakzeptabel ist“, sagte Rehn.
Das schwache Wachstum schlägt voll auf die Staatshaushalte durch. Laut Prognose werden die 17 Euroländer in diesem Jahr noch höhere Defizite machen als bislang erwartet. Das Minus werde sich im Euroraum auf 2,8 Prozent der Wirtschaftsleistung belaufen - bislang waren 2,6 Prozent erwartet worden.
Besonders schwierig bleibt die Lage im hochverschuldeten Griechenland, das bereits mehrfach milliardenschwere Hilfspakete zur Rettung erhalten hat. Zypern ist der nächste Kandidat für den Euro-Rettungsschirm. Dort dürfte die Wirtschaft 2013 um 3,5 Prozent schrumpfen.
Frankreich werde sein Ziel verfehlen, die Maastrichter Defizitmarke von drei Prozent 2013 wieder einzuhalten. Die EU-Kommission erwartet für das Land ein Minus von 3,7 Prozent für 2013. Rehn deutete an, dass Paris wegen außergewöhnlicher Umstände für die Defizitverfehlung nicht bestraft wird und verwies auf entsprechende Regeln des Euro-Stabilitätspaktes. „Noch ist es aber zu früh, wir werden diese Frage erst im Mai aufgreifen können, wenn die Frühjahrsprognosen vorliegen.“ Die EU-Kommission kann Defizitsünder mit Geldbußen dazu zwingen, auf dem Sparkurs zu bleiben.