Experten: Deutsche müssen künftig länger arbeiten

Derzeit verbringen Deutsche im Beruf so wenig Zeit wie nie. Doch der internationale Wettbewerbsdruck steigt.

Düsseldorf. In Deutschland ist ein Streit um die Länge der Arbeitszeit entbrannt. Die Gewerkschaften mahnen: „Wenn es zu viel wird, macht der Körper schlapp.“ Dem stehen Forderungen von Wirtschaftswissenschaftlern gegenüber, die angesichts der demografischen Probleme längere Arbeitszeiten fordern.

Bei durchschnittlicher Belastung seien zwischen 35 und 40 Wochenstunden akzeptabel, sagt der Oldenburger Arbeitspsychologe Friedhelm Nachreiner. Dass mehr als 40 Stunden der Gesundheit und auch der Arbeitssicherheit schaden, gilt für Frank Brenscheidt von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin als sicher.

Die Sorge ist wissenschaftlich begründet: Studien haben Zusammenhänge zwischen langen Arbeitszeiten und Erkrankungen wie Magen-Darm-Beschwerden, Rückenschmerzen oder Stress bewiesen. Wer längeren Belastungen ausgesetzt sei, benötige zügig Freizeitausgleich. Arbeit im Wechselschicht-Dienst verursache außerdem auch soziale Probleme.

Doch angesichts deutscher Exporterfolge und schwindender Arbeitskräftereservoirs halten Wirtschaftswissenschaftler längere Arbeitszeiten für nötig. Entsprechende Forderungen werden beispielsweise vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erhoben.

Auch der Arbeitsforscher Michael Kastner geht im Interview mit unserer Zeitung davon aus, dass die Belastungen steigen werden. Im Konkurrenzkampf mit Asien würden sich die Deutschen anpassen müssen. Zudem werde die Arbeit für den Einzelnen immer intensiver.

Zugleich haben die Menschen noch nie so wenig Zeit für ihren Beruf aufgewendet. 2012 lag die durchschnittliche Wochenarbeitszeit für Vollzeitkräfte laut Statistischem Bundesamt bei 39,1 Stunden. Tariflich wären sie zu weniger Arbeitszeit verpflichtet. 35 Stunden lautet etwa die tarifliche Vorgabe in der Metall- und Elektroindustrie. Zusammen mit den Dänen sind die Deutschen Freizeit-Europameister.