Forscher: Griechenland-Pleite keine Katastrophe für Arbeitsmarkt

Nürnberg (dpa) - Der deutsche Arbeitsmarkt ist nach Einschätzung von Arbeitsmarktforschern robust und flexibel genug, um eine mögliche Rezession nach einer Griechenland-Pleite ohne gravierende Folgen zu überstehen.

„Die Auswirkungen wären sicherlich nicht katastrophal, aber auch nicht harmlos“, sagte der Leiter des Bereichs Prognosen beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Enzo Weber, in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Nürnberg.

Auch wenn eine Griechenland-Pleite den deutschen Staat wegen der Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Euro-Rettungsschirm mit Milliarden belasten würde, dürften die Auswirkungen für die deutsche Konjunktur dennoch begrenzt sein, schätzt Weber. „Griechenland ist ein kleines Land mit vergleichsweise geringem wirtschaftlichem Gewicht“, betonte der Volkswirt.

Zudem käme das Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro-Raum nicht überraschend. „Der Austritt wird ja schon lange diskutiert. Und in den Börsenkursen dürfte das schon jetzt teilweise enthalten sein“. Entscheidend sei allerdings, dass rechtzeitig eine Ausbreitung der Griechenlandkrise auf große südeuropäische Volkswirtschaften wie Spanien und Italien verhindert werde.

Sollten die konjunkturellen Auswirkungen einer Griechenlandpleite dennoch größer ausfallen, sieht Weber den deutschen Arbeitsmarkt dafür gewappnet. Die Unternehmen hätten in der Krise 2008/09 gezeigt, dass sie mit einer hohen Arbeitszeitflexibilität in der Lage seien, auf Umsatzeinbrüche zu reagieren, ohne Mitarbeiter entlassen zu müssen. So seien seinerzeit Arbeitszeitkonten der Beschäftigten und Überstunden abgebaut worden.

„Inzwischen haben sich im jüngsten Aufschwung auf vielen Arbeitszeitkonten wieder Polster gebildet“. Auch das Instrument der Kurzarbeit, die 2009 dazu beigetragen habe, einen groß angelegten Jobabbau zu verhindern, könnte dann wieder eingesetzt werden.

Trotzdem werde wohl ein Anstieg der Arbeitslosenzahlen im Fall einer Rezession nicht zu verhindern sein, schätzt der Arbeitsmarktforscher. Dass sich der Arbeitsmarkt wie 2008/09 als weitgehend immun gegenüber der Krise zeigt, erwartet Weber nicht. „Man darf nicht vergessen: Die Finanzkrise 2009 war in erster Linie eine US-Krise und nicht hausgemacht deutsch.“

„Auch die jetzige Krise ist nicht unbedingt deutsch, aber europäisch - und da hängt Deutschland mit drin“, gibt Weber zu bedenken. „Zudem befanden wir uns 2009 in einer Phase starker struktureller Fortschritte am Arbeitsmarkt. Dieser Trend hat die damalige Rezession überlagert. Jetzt läuft er allerdings aus.“ Die Effekte der Arbeitsreformen, zu der auch die 2005 gestartete Hartz-IV-Reform gehört, seien inzwischen so gut wie aufgebraucht.