Mineralbrunnen bangen um ihre Zukunft

München/Bonn (dpa) - Der kühle Start in den Sommer vermiest deutschen Mineralbrunnen das Geschäft. Von Verkaufsrekorden wie im Super-Sommer 2003 kann die Branche trotz erster heißer Tage in der vergangenen Woche nur noch träumen.

„Wir haben einen hohen Grundumsatz über das Jahr, aber der Sommer ist immer die Spitze“, sagt ein Sprecher des Verbandes Deutscher Mineralbrunnen (VDM) in Bonn, der die bundesweit rund 200 Brunnen vertritt. Aber nicht nur der ausbleibende Sommer-Effekt schlägt den Mineralbrunnen aufs Gemüt.

Für Unruhe in der Branche sorgen derzeit auch Pläne, die Grenzwerte für Rückstände von gesundheitlich unbedenklichen Pflanzenschutzmitteln im Mineralwasser zu senken. Für zahlreiche Quellen würde dies nach Einschätzung des Verbandes das Aus bedeuten. In einem Brief warnt der VDM vor einem „Massensterben von Mineralbrunnenbetrieben“.

Derzeit stimme das Bundesministerium für Ernährung die mögliche Änderung mit den Ländern ab. „Soweit wir wissen, haben die meisten Länder in dieser Umfrage sehr niedrige, für unsere Branche nicht akzeptable und existenzgefährdende Höchstwerte vorgeschlagen“, heißt es in dem Schreiben, das der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Gesundheitlich seien diese sogenannten „nicht-relevanten Metaboliten“ völlig unbedenklich. Durch neuartige Testverfahren mit einer hochsensiblen Erhebungsmethode könnten Spuren dieser Stoffe aber nun im Trinkwasser und auch in natürlichen Mineralwässern nachgewiesen werden - und werden seitdem als Problem gesehen. Das Ministerium äußerte sich nicht dazu.

Der Verband versucht nun, Landespolitiker für das Thema zu sensibilisieren - damit sie für ihre heimischen Mineralbrunnen kämpfen. Das Umfeld ist für viele Quellen derzeit ohnehin schwierig. Nach einem stürmischen Wachstum bis zur Jahrestausendwende haben sich die Verkaufszahlen in den vergangenen Jahren weitgehend stabilisiert. Im Jahr trinken die Menschen in Deutschland im Schnitt rund 135 Liter Mineral- und Heilwasser, einen Großteil davon kaufen sie in großen Plastikflaschen beim Discounter. Wachsen können die kleineren Mineralbrunnen vor allem mit edlen Glasflaschen und Trendprodukten wie Wasser mit Sauerstoffzusätzen oder Aromastoffen. Der Traditionsbrunnen Überkinger hatte diese Entwicklung versäumt und musste vor kurzem Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit stellen.

Größter Konkurrent für die Brunnen sind die Stadtwerke, die massiv Werbung für die Qualität ihres Leitungswassers als Trinkwasser machen. Die Stiftung Warentest gab dafür nun ihren Segen: Stilles Mineralwasser aus der Flasche ist nicht besser oder gesünder als Leitungswasser, urteilten die Prüfer nach einer Untersuchung von 29 Wässern im Juni. „Wir haben festgestellt, dass jedes seine Mängel hat“, sagte Projektleiterin Birgit Rehlender. Im Test hätten die einen Mineralwässer nur wenig Mineralstoffe geboten, andere hätten sich nicht für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem geeignet.

Trotzdem misstrauen viele Verbraucher dem Leitungswasser - oder finden Mineralwasser aus der Flasche einfach schicker als aus dem heimischen Getränkesprudler. Viele Quellen setzen deshalb zunehmend auf den Lifestyle-Effekt: Statt in die altbewährte Noppen-Glasflasche füllen sie ihr Wasser in edle Designerflaschen und geben ihm neue Namen. „Black Forest“ nennen etwa die Peterstaler Mineralquellen ihr Wasser aus dem Schwarzwald und freuen sich über gute Geschäfte. „Seit seiner Markteinführung erreichte Black Forest in kürzester Zeit eine beachtliche Bekanntheit und zählt bereits jetzt zu den meistgetrunkenen stillen Mineralwässern in Deutschland“, so das Unternehmen.

Auch der bayerische Mineralbrunnen Adelholzener Alpenquellen setzt stärker auf Glas und bietet sein Wasser neuerdings auch in glatten Flaschen mit angedeutetem Alpenpanorama an. Geschäftsführer Stefan Hoechter freut sich über ein Absatzplus von 40 Prozent mit den Edel-Flaschen. „Besonders positiv: Wir konnten mit diesem Angebot neue Kunden gewinnen.“ Aber auch am Inhalt der Flaschen arbeiten die Hersteller permanent. Nach Fruchtschorlen in allen Mixturen probieren sie nun Aromazusätze aller Art aus. Um weiter zu wachsen, strecken die Quellen auch regional ihre Fühler aus: Adelholzener vertreibt seine Getränke zunehmend außerhalb von Bayern - und Black Forest wirbt auch in Nordrhein-Westfalen um Kunden für das Schwarzwald-Wasser.