Freude am Shoppen verführt zu Schulden

Die Mentalität bei den Menschen hat sich geändert. Ein Kredit ist längst nicht mehr verpönt.

Nürnberg. Die Hiobsbotschaften aus der Wirtschaftswelt haben die Verbraucher bislang scheinbar unberührt an sich abperlen lassen — die Deutschen kaufen und kaufen. Doch die Bereitschaft zum Geldausgeben hat auch ihre Schattenseiten: Billige Kredite verführen dazu, über die eigenen Verhältnisse zu leben.

Experten stimmen überein, dass ein Einstellungswandel stattfindet. „Besonders die ältere Generation hatte das Credo: Erst sparen, dann kaufen. Heute ist das anders — gerade bei jüngeren Menschen ist das normal, dieses Leben auf Pump“, schildert Markus Preißner vom Institut für Handelsforschung in Köln.

Früher verschuldeten sich die Menschen in erster Linie für ihr Auto, vielleicht noch für eine neue Küche. Das Geld dafür bekamen sie von ihrer Hausbank. Heute bieten viele Einzelhändler direkt eine Finanzierung an — inzwischen auch für niedrigere Einkaufssummen und teils zu extrem günstigen Zinssätzen.

„Im Handel wäre die Hälfte der finanzierten Güter ohne eine Finanzierung überhaupt nicht gekauft worden“, sagt Stephan Moll vom Bankenfachverband unter Berufung auf eine Studie.

Die Verbraucher greifen selbst dann zu, wenn sie den Kredit eigentlich gar nicht nötig haben: Rund ein Viertel hätte die Ware nach eigenen Angaben auch sofort bezahlen können. Andere wiederum sind auf den Vorschuss angewiesen. „Es hat nicht jeder Geld auf der hohen Kante. Und wenn einer Familie die Waschmaschine kaputt geht, kann sie nicht erst ein Jahr sparen“, schildert Moll.

Dennoch warnt auch er: „Das ist eine Dienstleistung, die gibt es nicht umsonst.“ Eva Raabe von der Verbraucherzentrale Hessen ergänzt: „Gerade die Null-Prozent-Finanzierungen verführen zum Kauf. Wobei das nicht wirklich immer kostenfrei ist.“

Häufig seien die günstigen Zinsen für das Darlehen bereits eingepreist. Außerdem könnten etwa Bearbeitungsgebühren oder eine Restschuldversicherung hinzukommen, die das Ausfallrisiko bei Todesfall oder Arbeitsunfähigkeit absichert.

In den Klauseln gebe es oft Fallstricke, erklärt Raabe — wenn zum Beispiel die Ausfallversicherung bei einem auf sieben Jahre angelegten Kredit auf das erste Jahr beschränkt ist.

Doch am meisten beunruhigt die Verbraucherschützerin, dass immer mehr Kreditnehmer den Überblick über ihre Finanzen verlieren. „Wenn die Geldbörse leer ist, dann sehe ich das. Doch wenn immer häufiger Ratenzahlung vereinbart oder mit Kreditkarte gezahlt wird, wird es unübersichtlich.“