IG-Metall-Chef: „Noch nie Erste Klasse geflogen“
Berlin/Essen (dpa) - IG-Metall-Chef Berthold Huber hat die Erste-Klasse-Flüge seines Vorstandskollegen Bertin Eichler mit ThyssenKrupp als Fehler bezeichnet. Ein Rücktritt des 60-Jährigen aus dem Vorstand der Gewerkschaft hält Huber aber nicht für notwendig.
„Wegen fünf Flügen in der Ersten Klasse stelle ich seine Redlichkeit und seinen Anstand nicht in Frage“, sagte Huber der „Welt am Sonntag“. Er selbst sei „noch nie Erster Klasse geflogen. Das käme mir nie in den Sinn.“
Eichler hatte am Freitag eingeräumt, dass er mit dem Aufsichtsrat von ThyssenKrupp auf Kosten des Unternehmens in der Ersten Klasse nach China, Thailand, in die USA und nach Kuba geflogen war. Es habe sich um dienstliche Reisen gehandelt. Eichler will sich zur Hauptversammlung im Jahr 2014 aus dem Aufsichtsrat zurückziehen. Zudem kündigte der Gewerkschafter an, die Differenz zwischen den Kosten der meist von Geschäftsreisenden benutzten Business-Klasse und der Ersten Klasse zu erstatten.
Als Reaktion auf die umstrittenen Reisen auf Firmenkosten prüft die Gewerkschaft nach Angaben einer Vorstandssprecherin eine Verschärfung ihrer internen Richtlinien für Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten. Huber hält es allerdings für unmöglich, für Betriebs- und Aufsichtsräte aller Unternehmen detaillierte Reiserichtlinien aufzustellen.
Mit Eichler gerät erneut die Reisepraxis bei ThyssenKrupp in die Schlagzeilen. Im vergangenen Jahr waren teure Informationsreisen mit First-Class-Flügen und Übernachtungen in Luxushotels für Journalisten bekannt geworden.
Der Industriekonzern dürfte angesichts von Milliardenverlusten und zahlreicher Affären vor einer turbulenten Hauptversammlung an diesem Freitag stehen. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz DSW will drei zuvor entlassenen Vorständen und dem Aufsichtsrat unter Vorsitz von Gerhard Cromme die Entlastung versagen. DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler forderte Aufsichtsratschef Gerhard Cromme auf, bei den anstehenden Aufräumarbeiten die „notwendige Bissfreudigkeit“ nicht vermissen zu lassen - auch gegen eigene langjährige Begleiter.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr war der Stahl- und Anlagenbauer wegen hoher Abschreibungen auf zwei Stahlwerke in Brasilien und den USA mit rund 5 Milliarden Euro tief in die Verlustzone gestürzt. Außerdem stand das Unternehmen wegen Kartellvorwürfen in den Schlagzeilen.