Medien: Italien drohen Milliardenverluste durch 90er-Geschäfte

Rom (dpa) - Dem hoch verschuldeten Euro-Krisenland Italien drohen Zeitungsberichten zufolge Milliardenverluste durch Finanzdeals aus den 90er Jahren.

Die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone könnte Verluste von mindestens acht Milliarden Euro machen, weil sie einen Großteil damaliger Derivatengeschäfte im vergangenen Jahr zu schlechteren Konditionen neu habe verhandeln müssen, berichteten die Zeitungen „La Repubblica“ und „Financial Times“ am Mittwoch. Das italienische Finanzministerium widersprach den Berichten.

Derivate sind Finanzgeschäfte, die von einem sogenannten Basiswert abgeleitet werden, der etwa eine Aktie, eine Währung oder ein Rohstoff sein kann. Sie werden heute meist negativ gesehen.

„Es besteht keine Gefahr für die Staatsfinanzen“, hieß es in einer Stellungnahme des Finanzministeriums. „Die Hypothese, dass Italien Ende der 90er Jahre Derivate genutzt haben könnte, um die erforderlichen Konditionen für den Beitritt zum Euro zu schaffen, ist absolut ohne jede Grundlage.“ Minister Fabrizio Saccomanni betonte: „Das ist ein großes Missverständnis, es gibt keinen Verlust.“

Die beiden Zeitungen hatten berichtet, Italien habe mit den Derivatengeschäften seine Staatsfinanzen aufgehübscht und das Haushaltsdefizit gesenkt, um sich für den Euro zu qualifizieren. „Viele Fehler wurden in den 90er Jahren gemacht, um Italien in den Euro zu bringen“, sagte ein Regierungsfunktionär „La Repubblica“.

Die Staatsanwaltschaft in Rom teilte am Mittwoch mit, den Fall zu untersuchen. Allerdings gebe es bislang weder einen Beschuldigten noch einen Verdacht auf eine Straftat. Auswirkungen auf die Bewertung des italienischen Defizits hätten die Berichte nicht, betonte die EU-Kommission in Brüssel.

Auch den Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, könnte der Fall in Bedrängnis bringen. Er soll zum Zeitpunkt der Finanzdeals in den 90ern Generaldirektor im italienischen Finanzministerium gewesen sein. Draghi selbst äußerte sich nicht zu dem Fall und verwies auf die Stellungnahme des Ministeriums.