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Merkel: „Opel braucht auch GM“

Besuch: Klare Zusagen gibt Merkel bei einer Rede vor Opelanern nicht. Die Koalition in Berlin ist darüber bereits zerstritten.

Rüsselsheim. Die Halle K48 auf dem Opel-Werksgelände bebt, als Angela Merkel am Dienstag an 3000 Opelanern vorbei auf die Bühne tritt. Hoffnungsfrohe Augen blicken auf die Bundeskanzlerin im grauen Kostüm. Die Mitarbeiter des angeschlagenen Autobauers mit der ungewissen Zukunft sehnen endlich eine klare Zusage der Bundesregierung herbei. Schon Merkels Kommen nach Rüsselsheim werten sie als Beweis für die Solidarität der CDU-Chefin, auch wenn der Besuch schon im Sommer 2008 und damit lange vor der existenzbedrohenden Krise bei Opel verabredet worden war.

Tatsächlich hat Merkel ein Versprechen im Gepäck: Sie sagt staatliche Hilfe bei der Suche nach einem Investor zu. Mit Bürgschaften werde der Bund eine Brücke in die Zukunft bauen. Und sie verspricht ein ranghohes Verhandlungsteam, das deutsche Interessen gegenüber der US-Regierung und der Konzernmutter General Motors (GM) vertreten wird. Man wolle den Amerikanern auf "Augenhöhe" begegnen: "Wir brauchen GM, aber GM braucht auch Opel", sagt die Kanzlerin.

In einer betont emotionalen und aufmunternden Rede lobt Merkel zwar das Entwicklungszentrum am Standort, in dem sie das Herz der künftigen Opel AG sieht. Beim Hauptanliegen Opels bleibt die Kanzlerin aber hart: Einen direkten Einstieg des Staates bei dem Autobauer lehnt sie kategorisch ab. Es gehe um ein tragfähiges Konzept für die Zukunft, sagt Merkel: "Opel muss auf Füße gestellt werden, die nicht etwa nachher zusammenbrechen wie ein Kartenhaus, sondern die stehen und auch langfristig ein guter Partner von GM sein können." Und das ist nach Überzeugung Merkels nur mit einem privaten Investor möglich.

Damit zeichnet sich in der Berliner Koalition mitten im Superwahljahr ein interner Kampf um Wählerstimmen ab. Die Kanzlerin springe zu kurz, wenn sie aus "ideologischen Gründen" einen zeitlich befristeten Staatseinstieg bei dem Autobauer kategorisch ausschließe, heißt es gestern aus der SPD-Spitze zur Merkel-Rede. Am Vortag hatte SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier den Hut in den Ring geworfen und ein Modell für eine Staatsbeteiligung bei Opel vorgestellt.

Dafür erhielt der Vizekanzler Applaus aus Rüsselsheim. "Das ist die erste gute Nachricht, die diese Belegschaft seit Monaten hört", lobte Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz. Hingegen muss Merkels Auftritt ernüchternd auf ihn gewirkt haben, der unter dem tosenden Jubel der Belegschaft eine Beteiligung des Staates gefordert hatte. Bürgschaften wären zwar begrüßenswert, sagte Franz: "Ehrlich gesagt wäre uns aber eine direkte staatliche Beteiligung viel lieber."

Bei einem Rundgang durch die Werkshallen am Stammsitz Opel, der nach den aktuellen Plänen bald die Zentrale einer europäischen Opel AG sein soll, hatte sich Merkel am Vormittag die Produktion des neuen Hoffnungsträgers Insignia angeschaut. Der Mittelklassewagen ist seit November auf dem Markt, bislang liegen 86 000 Bestellungen vor. "Wir müssen zusätzliche Schichten einlegen, weil die Nachfrage so gut ist. Das sind Probleme, die wir gerne haben", sagt GM-Europa-Vizepräsident und Opel-Markenchef Alain Visser stolz.

Allein: Derzeit fehlt das Geld - und das muss in den kommenden 60 Tagen aufgetrieben werden. Denn dann läuft die letzte Gnadenfrist der US-Regierung für die Opel-Mutter GM ab, und der Branchenriese könnte seine deutsche Tochter mit in die Pleite ziehen. Deshalb muss Opel Europa möglichst vorher eigenständig werden.