Steuerdelikte Neue Vorschrift für Shisha-Tabak in Deutschland sorgt für Unmut - Preise ziehen an

Berlin · Ob Ananas-, Cola-, Eisbonbon- oder Haselnussgeschmack - Wasserpfeifentabak ist vielfältig. Die Shisha ist im Trend. Eine geänderte Steuervorschrift sorgt in der Nischenbranche nun für Verärgerung.

Ab dem 1. Juli dürfen nur noch 25 Gramm schwere Verpackungen mit Wasserpfeifentabak in den deutschen Handel kommen.

Mit Shisha-Bars und der deutschen Steuergesetzgebung ist es bisher so wie mit Feuer und Wasser: Es passt einfach nicht zusammen. Immer wieder stellen Zöllner bei Kontrollen Verstöße gegen das „Vereinzelungsverbot“ fest:

Aus einer großen Packung verkaufen die Bars einzelne kleine Portionen Wasserpfeifentabak an ihre Kunden. Was bei Kaffee legal ist - auch dort bezahlt der Gastronom für eine große Packung und verkauft kleinere Portionen dann aufbereitet weiter - ist beim Tabak untersagt. Gemacht wird es trotzdem. Es gibt zwar legale Wege, die sind aber sehr aufwendig. Nun soll eine neue Vorschrift das Dilemma lösen. Die hat allerdings Nebenwirkungen.

Nur noch kleinere Verkaufsmengen erlaubt

Bei dem aromatisierten feuchten Tabak sind bisher 200-Gramm-Packungen üblich, auch Ein- und Zwei-Kilo-Gebinde werden verkauft. Zur Befüllung eines Shisha-Kopfes sind je nach Gusto circa 20 Gramm nötig. Das heißt: Wer eine 200-Gramm-Packung kauft, hat etwa 10 Portionen, beim Kilo-Paket sind es 50. Eine ab 1. Juli geltende Regelung besagt nun aber, dass nur noch maximal 25 Gramm schwere Packungen in den Handel kommen dürfen - alle größeren sind verboten.

Die Logik dahinter: Bei so kleinen Packungen wird nicht mehr „vereinzelt“, weil zu wenig Menge da ist. Dadurch wird der bisher weit verbreitete Verstoß gegen das Steuergesetz unmöglich gemacht. Was plausibel klingt, ruft in der Shisha-Branche Kritik hervor.

Denn nach Darstellung des Bundesverbandes Wasserpfeifentabak haben die rund 100 deutschen Hersteller viel zu wenig Zeit gehabt, um ihre Produktion umzustellen. Nur sechs bis sieben der 100 deutschen Wasserpfeifentabak-Firmen seien schon jetzt in der Lage, die kleinen Packungen herzustellen, sagt Folke Rega, der Geschäftsführer des Verbandes.

Wenn also ab Juli keine großen Packungen mehr in den Handel kommen dürfen, werde es Nachschubprobleme geben. Altbestände dürfen zwar noch verkauft werden, in wenigen Monaten werden sie aber wohl weitgehend aufgebraucht sein. „Im Herbst dürften die Verkaufsregale teilweise leer sein, weil die Hersteller mit der Produktion nicht nachkommen“, sagt Rega. Der Verband befürchtet, dass Konsumenten in den Schwarzmarkt abdriften. „Wenn das heimische Angebot den Bedarf nicht mehr decken kann, werden illegale Wege beschritten werden.“ Der Verband fordert eine vorübergehende Aussetzung der Maximalgrößen-Verordnung, und zwar bis Frühjahr 2024.

Klage über zusätzlichen Müll

Unter Shisha-Barbesitzern ist der Ärger groß. „Plastik-Strohhalme wurden aus Umweltgründen verboten“, sagt einer von ihnen, der namentlich nicht genannt werden will. „Aber jetzt entsteht bei uns in der Bar viel zusätzlicher Müll wegen der Kleinverpackungen.“

Frank Buckenhofer von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) bezweifelt, dass es in den Shisha-Bars als Folge der Regelung wesentlich weniger Steuerdelikte geben wird. „Es gibt redliche Shisha-Barbesitzer und unredliche - und die unredlichen werden sich von der neuen Vorschrift nicht beeindrucken lassen.“ Die Motivation werde hoch sein, sich auf dem Schwarzmarkt weiter große Packungen zu besorgen.

Die Kritik findet in Teilen der Politik Zustimmung. „Ich halte die Verkleinerung des Verpackungsgrößen für einen falschen Weg und kann den Unmut der Branche wegen der damit verbundenen Kosten verstehen“, sagt CSU-Bundestagsabgeordnete Sebastian Brehm. Mit Blick auf das höhere Müllaufkommen sagte er, dass kleinere Verpackungen „deutlich umweltschädlicher“ seien. „Es sollte ein Weg für eine unbürokratische und praktikable Beibehaltung der aktuellen Packungsgrößen gefunden werden“, sagt der Oppositionspolitiker.

Auch aus Reihen der Ampel-Koalition wird Verständnis laut. Der FDP-Abgeordnete Till Mansmann warnt vor einer „Schwächung des Anbietermarktes, die am Ende nur dem Schwarzmarkt nützen wird“. „Leidtragende sind die vielen steuerehrlichen Betriebe und Kunden.“ Für eine „Anpassung der Regelung“ sei man offen.

Wortmeldungen aus der SPD und von den Grünen machen aber deutlich, dass die Verpackungsregel wohl nicht geändert wird. Der Grünen-Abgeordnete Sascha Müller sagt zwar, dass man sich eine längere Umsetzungsfrist hätte vorstellen können. „Die Bedenken der Branche haben uns aber erst spät erreicht und eine Anpassung wäre nur per Verordnungsänderung möglich gewesen.“ Diese wäre frühestens im Oktober abgeschlossen. „Ein Verschieben des Inkrafttretens käme damit unserer Meinung nach zu spät und würde die Anstrengungen von Unternehmen, welche mit hohem Ressourcen-Einsatz auf eine Umstellung ihrer Produktion zum 1.7. hinarbeiten, konterkarieren.“

Der Sozialdemokrat Michael Schrodi hält wenig von dem Argument, dass die Verpackungsregelung zu einem Auftrieb des Schwarzmarktes führen könnte. Kopfschüttelnd bemängelt er, dass die Branche „erst im letzten Moment und kurz vor Inkrafttreten geradezu reflexhaft vor mehr Schwarzmarkt warnt“. Es bestehe die Gefahr, die Entwicklung hin zum Schwarzmarkt „geradezu herbeizureden“, sagt der SPD-Abgeordnete.

Mediziner warnen vor Krebsrisiko

In Deutschland gibt es schätzungsweise 5000 Shisha-Bars. Drei Viertel des Umsatzes, den die Tabakhersteller mit den Shisha-Produkten machen, entfällt nach Branchenschätzung auf Privatkonsumenten und der Rest auf die Shisha-Bars. Deutsche Hersteller und Importeure kommen auf einen Jahresumsatz von etwa einer Milliarde Euro. Bei Shishas wird aromatisierter feuchter Tabak erhitzt und inhaliert. Mediziner warnen vor dem Krebsrisiko und anderen Gesundheitsgefahren.

Nicht nur das knappe Angebot am Markt könnte für Shisha-Nutzer bald zu einer bösen Überraschung werden. Denn: Es wird deutlich teurer. Im Vergleich zum Jahresende 2021 wird Wasserpfeifentabak nach Schätzung des Branchenverbandes künftig etwa das Doppelte kosten. Das liegt zum einen an einer seit diesem Jahr geltenden Zusatzsteuer und zum anderen an einer teureren Produktion. Die Investitionskosten müssten wieder eingefahren werden, heißt es von dem Verband. Außerdem seien die Produktion und der Vertrieb von kleinen Packungen pro Gramm aufwendiger als bei großen Packungen.

(dpa)