Neuer Hochtief-Chef pocht auf Eigenständigkeit
Düsseldorf (dpa) - Trotz der Kontrollübernahme durch den spanischen Großaktionär ACS setzt der neue Hochtief-Chef Frank Stieler auf Unabhängigkeit. Hochtief werde ein erfolgreicher, eigenständiger Konzern mit Sitz in Essen bleiben und seine Entscheidungen wie bisher durch den Vorstand treffen.
Das sagte Stieler am Mittwoch bei der Vorlage der Halbjahreszahlen in Düsseldorf. Ein Zusammengehen mit ACS werde es nur dort geben, wo dies auch sinnvoll sei. „Es gibt keine erzwungene Zusammenarbeit“, betonte Stieler.
Nach einem durch Probleme bei der australischen Konzerntochter Leighton ausgelösten Ergebniseinbruch in den ersten drei Monaten des laufenden Geschäftsjahrs konnte Hochtief im zweiten Quartal wieder in die schwarzen Zahlen zurückkehren. Erneut drückten aber Verluste bei der australischen Tochter auf den Gewinn, so dass das Vorsteuerergebnis von 181 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum auf nur noch 10,2 Millionen Euro schrumpfte.
Bezogen auf das gesamte erste Halbjahr sorgten die heftigen Verluste bei der einstigen Ertragsperle für einen Verlust von 434,6 Millionen Euro. Der Hochtief-Kurs legte bis zum Nachmittag dennoch deutlich um gut 2,5 Prozent zu.
Nach rund 100 Tagen an der Konzernspitze kündigte Stieler eine neue strategische Ausrichtung des Konzerns unter Führung eines von fünf auf nur noch drei Mitglieder verkleinerten Vorstands an. „Bei allen Aktivitäten ist und bleibt Ergebniswachstum unser erklärtes Ziel“, sagte er. Neben einer verstärkten Kontrolle von möglichen Risiken werde Hochtief künftig auf den Umbau der Energieversorgung und neue Trends bei der Stadtentwicklung setzen. So führe das Unternehmen bereits Gespräche mit dem Bergbaukonzern RAG über eine Nutzung von stillgelegten Zechen als Pumpspeicheranlagen.
Unter dem Strich erwirtschaftete der Konzern im zweiten Quartal 13,5 Millionen Euro, nach 54,1 Millionen Euro ein Jahr zuvor. Für das Gesamtjahr rechnet Hochtief weiterhin mit einem etwa auf die Hälfte zum Vorjahr reduzierten Vorsteuerergebnis. Der Konzerngewinn soll das Niveau des Vorjahres aber mit Hilfe geplanter Verkäufe übertreffen.
„Natürlich sind wir mit diesen Ergebniszahlen nicht zufrieden“, sagte Stieler. Außer Leighton hätten sich aber alle anderen Geschäftsbereiche gut entwickelt. Für den weiteren Jahresverlauf erwartet Hochtief keine weiteren Belastungen aus Australien, fügte der scheidende Finanzchef Burkhard Lohr hinzu.
Die bereits angekündigte Trennung von seinem Flughafen-Geschäft will Hochtief bis zum Jahresende abschließen. „Es gibt mehr als einen Bewerber“, sagte Stieler. Kreisen zufolge sollen die Gebote bei mehr als 1,3 Milliarden Euro liegen. Bislang fährt Hochtief zweigleisig und prüft neben einem Verkauf auch einen Börsengang.
Der Manager wies darauf hin, dass ACS eine weitere Aufstockung seines Hochtief-Anteils in den kommenden Monaten angekündigt habe. Ziel sei es, die Beteiligungsquote von ACS auch ohne Berücksichtigung der von Hochtief selbst gehaltenen eigenen Aktien auf etwa „50 Prozent plus eine Aktie“ zu erhöhen. Einschließlich des Hochtief-Aktienpakets von 4,45 Prozent hält ACS derzeit 50,16 Prozent an dem Essener Unternehmen.
Die vor knapp einem Jahr bekanntgewordene Ankündigung von ACS, die Mehrheit bei Hochtief übernehmen zu wollen, war bei dem damaligen Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter auf erbitterten Widerstand gestoßen. Vor gut drei Monaten hatte Lütkestratkötter seinen Chefsessel für Stieler geräumt. Der neue Mann an der Hochtief-Spitze gilt als Favorit des spanischen Großaktionärs.