Opel: In Bochum geht die Angst um

Die Belegschaft fürchtet das endgültige Aus für ihr Werk.

Bochum. Als Antonio Gonzalez (43) in der Nacht zu Mittwoch die Nachricht hörte, dass General Motors Opel selbst sanieren und nicht an Magna verkaufen will, entfuhr ihm ein lautes "Nein!". Seine Frau habe ihn dabei ganz entsetzt angesehen, sagt der Kolonnenführer in der Werkslogistik.

Seit 21 Jahren arbeitet er im Bochumer Opel-Werk - und hat jetzt wie viele seiner Kollegen wieder Angst um den Arbeitsplatz. Das Magna-Konzept sei schon nicht günstig für die Bochumer Opelaner gewesen. Aber nun drohe dem Standort das komplette Aus. "Wir können nur hoffen", sagt Gonzalez.

Die Stimmung der Mitarbeiter zum Schichtwechsel um 13.30 Uhr vor dem Tor 1 am Opelring ist mehr als gedrückt. Sie ist gereizt. "Lassen Sie uns in Ruhe, wir haben Probleme genug", schnauzt ein Werksmitarbeiter die wartenden Medienleute an, als er mit hochgeschlagenem Mantelkragen und gesenktem Kopf durch den kalten Nieselregen Richtung Werkstor stapft.

Wie er reagieren auch viele andere. "Da ist schon eine Spannung unter den Leuten", sagt Kolonnenführer Gonzalez. "Auch bei der Arbeit muss man mittlerweile vorsichtig sein, was man den Kollegen sagt. Der eine oder andere geht inzwischen bei der kleinsten Kleinigkeit in die Luft."

Für Michael Schmidt (40), seit 21 Jahren bei Opel und stellvertretender Vertrauenskörperleiter der IG Metall im Werk I, ist das kein Wunder. Die ständige emotionale Achterbahnfahrt, zu der die Belegschaft in den vergangenen Monaten und Jahren gezwungen wurde, sei schließlich nicht spurlos an den Menschen vorübergegangen. "Seit 2004 ist hier eigentlich nie wieder richtig Ruhe eingekehrt", sagt er. "Die Menschen sind stark verunsichert. Fast jeden Tag wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben, und jedes Mal nehmen die Existenzängste zu."

Diese psychische Belastung der Belegschaft sei inzwischen sehr häufig Gegenstand von Beratungsgesprächen, die die Vertrauensleute mit den Arbeitnehmern führen. Schmidt: "Natürlich ist auch die Zahl der Krankmeldungen mit einem psychischen Hintergrund in der letzten Zeit stark gewachsen."

Es sind wohl zumeist depressive Stimmungen, die in diese Krankmeldungen gipfeln - nicht nur bei den unmittelbar betroffenen Opelanern. Denn auch im Umfeld des Werkes ist die Stimmung gedrückt. "Ich habe viele Bekannte und Gäste, die bei Opel arbeiten - und alle haben die Faxen dicke", sagt beispielsweise Bärbel Beyer (55), seit mehr als 20 Jahren Kellnerin in der Bürger-Klause. Die Kneipe, die quasi direkt dem Tor4 des Opel-Werkes gegenüberliegt, war lange Jahre ein wichtiger Treffpunkt der Belegschaft. "Jetzt kommen nur noch wenige. Und die wollen auch nicht über die Zukunft reden, weil sie nicht mehr an die Zukunft glauben können. Die sind alle abgestumpft."

Dass für den heutigen Donnerstag eine große Demonstration aller Bochumer Opel-Mitarbeiter vor dem Tor 4 angekündigt ist, lässt Bärbel Beyer kalt: "Da können die demonstrieren wie die wollen - das ändert doch nichts. Was sind für die Bosse in den USA schon 5000 Arbeitsplätze in Bochum? Das lässt die doch völlig kalt. Quelle ist kaputt, Nokia ist hier weg, und ich fürchte, dass es das Werk hier auch nicht mehr lange geben wird. Dann gehen wir hier alle endgültig vor die Hunde..."

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