Preisexplosion bei Baumwolle
Rohstoff: Die deutsche Textilbranche gerät ins Schwitzen. Müssen die Verbraucher bald mehr für ihre geliebte Jeans bezahlen?
München/Berlin. 100 Prozent Baumwolle - diese Aufschrift auf Etiketten in T-Shirts, Jeans oder in Unterhosen verspricht Qualität. Keinen anderen Stoff tragen die Menschen in Deutschland lieber als Textilien aus Baumwolle. Doch jetzt müssen die Kunden dafür möglicherweise tiefer in die Tasche greifen.
Seit 2008 hat sich der Preis für Baumwolle mehr als verdoppelt und ein Ende des Anstiegs ist nach einer schlechten Ernte in den Anbaugebieten China und Pakistan nicht in Sicht. "So knapp war es zuletzt vor 20 Jahren", sagt die Rohstoff-Expertin der Commerzbank, Michaela Kuhl.
Den großen Textilfirmen in Deutschland treibt die Preisexplosion für ihren wichtigsten Rohstoff die Schweißperlen auf die Stirn. Allein seit Juli legten die Preise um rund 30 Prozent zu.
"Auf dieser Höhe habe ich sie überhaupt noch nicht gesehen", sagt Hans-Peter Hiemer von der Geschäftsführung des Textilherstellers S.Oliver, der zu den größten Modeketten in Deutschland gehört. Für die Herstellung eines T-Shirts benötigt S.Oliver 200 Gramm Baumwolle, insgesamt 20000 Tonnen im Jahr. Für ein Pfund muss das Unternehmen im Durchschnitt derzeit 72 Cent zahlen, im Frühjahr waren es nur 55 Cent.
Allein mit der Ernte ist dieser Anstieg aus Sicht von Experten nicht zu erklären. Die USA als größer Baumwollexporteur haben ihre Anbaufläche sogar deutlich ausgeweitet. Auch der wachsende Baumwollbedarf in China ist keine Überraschung und schon in die Preise eingerechnet. Für einen Teil des Anstiegs dürften daher laut Kuhl - ähnlich wie bei Kakaobohnen und Getreide - Spekulanten verantwortlich sein. "Das Interesse der spekulativen Anleger ist sehr gestiegen."
Müssen die Kunden nun im Winter mehr für ihre Jogginghosen oder Socken bezahlen? Erst mal nicht, versprechen die Firmen. "Die Hersteller werden ihre Eckpreislagen auf jeden Fall erhalten", sagt Kirsten Rahmann vom Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie. Die Firmen wissen sehr genau, wie empfindlich die Kunden auf Preiserhöhungen bei Textilien reagieren. Bei T-Shirts etwa liegt die Schmerzgrenze bei 20 Euro - mehr will kaum einer bezahlen.
S.Oliver will laut Hiemer nun versuchen, die Beschaffungskosten weiter zu optimieren, um Preiserhöhungen zu vermeiden. Auch der Textilriese C&A hält erstmal an den Preisen für Baumwollkleidung fest.