Regierung senkt Konjunkturprognose 2013 auf ein Prozent
Berlin/Mannheim (dpa) - Licht und Schatten für die deutsche Wirtschaft: Nach den führenden Forschungsinstituten senkt auch die Bundesregierung ihre Konjunkturprognose für das kommende Jahr deutlich - von 1,6 auf 1,0 Prozent.
Der Arbeitsmarkt bleibt dennoch stabil.
Wie die dpa aus Regierungskreisen erfuhr, wird die Zahl der Arbeitslosen in beiden Jahren voraussichtlich unter der Drei-Millionen-Marke bleiben. Überraschend zugenommen hat die Zuversicht der vom Mannheimer ZEW befragten Finanzprofis in die deutsche Wirtschaft.
Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) wird die Konjunkturprognose der Schwarz-gelben Koalition an diesem Mittwoch in Berlin vorstellen. „Wir haben weiter Wachstum, aber deutlich gedämpfter als erwartet“, hieß es in Regierungskreisen in Berlin, die am Dienstag entsprechende Informationen mehrerer Zeitungen bestätigten. Für dieses Jahr rechnen die Experten mit einem Plus von 0,8 Prozent, das sind 0,1 Prozentpunkte mehr als im Frühjahr vorhergesagt.
Die führenden Forschungsinstitute hatten bereits vergangene Woche ihre Vorhersage deutlich nach unten revidiert auf exakt die Zahlen, die nun von der Regierung erwartet werden - für 2012 nur noch ein Wachstum von 0,8 Prozent und für 2013 von 1,0 Prozent. Damit hatten sie ihre Erwartungen für 2013 halbiert. Im vergangenen Jahr war die deutsche Wirtschaft noch um drei Prozent gewachsen.
Übereinstimmend ist auch die Einschätzung des Arbeitsmarktes, der stabil bleiben dürfte. Der Prognose der Bundesregierung zufolge wird die Zahl der Erwerbslosen im Jahresdurchschnitt 2012 voraussichtlich um rund 86 000 sinken und 2013 wieder leicht um 30 000 ansteigen. Die Regierung rechnet in beiden Jahren im Schnitt mit 2,9 Millionen Arbeitslosen.
Rösler sagte in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa: „Die wirtschaftliche Entwicklung wird schwieriger werden. Und deswegen sind wir gut beraten, künftig alles dafür tun, unsere Wettbewerbsfähigkeit weiter zu stärken.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte kürzlich erklärt, sie setze angesichts der eingetrübten Wachstumsaussichten auf eine Stärkung des Binnenmarktes.
Rösler betonte, von einer Rezession könne aber keine Rede sein. „Wir reden immer noch über Wachstum.“ Er räumt aber ein: „Wenn 60 Prozent unserer Exporte nach Europa gehen und 40 Prozent allein in die Eurostaaten, ist klar, dass die Schuldenkrise nicht spurlos an uns vorbeigehen kann, ebensowenig wie die Abschwächung der Weltwirtschaft.“ In dem dpa-Gespräch hob der Wirtschaftsminister aber auch die Risiken hervor: „Die weitere Entwicklung hängt nicht nur vor uns ab, sondern sehr stark auch von den Entwicklungen in der Eurozone.“
Vom ZEW-Index für die künftige Wirtschaftsentwicklung kamen positive Signale. Im Oktober stieg er um 6,7 Punkte auf minus 11,5 Zähler, wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim mitteilte. Damit erhöhte sich der Indikator, der auf der Befragung von 350 Finanzexperten basiert, das zweite Mal hintereinander und auch stärker als von Volkswirten erwartet. Zuletzt hatte der Indikator im Mai höher gelegen (plus 10,8). Das ZEW sieht einen Grund für die gestiegene Zuversicht darin, dass die Unsicherheit an den Finanzmärkten in den vergangenen Wochen abgenommen habe.
Nach wie vor rechnen insgesamt weiter mehr Experten mit einer Verschlechterung der Konjunktur als mit einer Verbesserung. Die Beurteilung der aktuellen wirtschaftlichen Lage Deutschlands fiel hingegen ungünstiger als im Vormonat aus. Dieser Indikator sank um 2,6 Punkte auf plus 10,0 Zähler. Hier hatten Volkswirte im Vorfeld einen etwas schwächeren Rückgang auf plus 11,8 Zähler erwartet.
Bei den Verbrauchern sinkt die Stimmung jedoch rapide. Wie aus einer repräsentativen Studie der GfK in Nürnberg hervorgeht, rechnen die europäischen Konsumenten nicht mit einer schnellen Erholung der Wirtschaft. „Dabei spielt auch eine Rolle, dass sehr viele Länder im Euro-Raum sehr starke Konsolidierungsanstrengungen unternehmen müssen“, sagte der Konsumexperte des Marktforschungsunternehmens, Rolf Bürkl, der dpa in Nürnberg. Besonders besorgt blickten Tschechen, Portugiesen und Spanier in die Zukunft, während Deutsche, Rumänen und Briten noch am zuversichtlichsten sind.