Sanierung: Merkel, Opel und das trojanische Pferd
Auch aus Deutschland dürften Steuergelder an GM fließen. Die Politiker stehen bei den Opelanern im Wort.
Berlin. Seit einem Jahr hält Opel die Nation in Atem. Jetzt will GM zur Sanierung des Autobauers etwa 9000 Jobs in Europa streichen, davon bis zu 5400 in Deutschland. Klar ist, dass der US-Konzern bei den Opel-Ländern so viel Staatsgeld wie möglich einsammeln will. In Berlin saß das Misstrauen nach dem Magna-Debakel bisher tief. Aber der Ärger scheint verraucht. Am Ende dürfte also doch Steuergeld fließen, weil die Politiker bei den Opelanern im Wort stehen.
Es waren erstaunlich freundliche Worte, die Angela Merkel am Mittwochabend auf Schloss Meseberg für das GM-Konzept fand. Es gebe allen deutschen Standorten eine gute Perspektive. "Ich glaube, dass wir zu einer sehr, sehr guten Lösung kommen", sagte sie nach einem Treffen mit dem spanischen Regierungschef Zapatero.
Vor gut zwei Wochen hörte sich die Kanzlerin noch anders an. In ihrer Regierungserklärung nach der Wahl hatte sie den GM-Bossen den Kopf gewaschen. Merkel fühlte sich gelinkt, weil der US-Autobauer plötzlich Opel doch nicht mehr herausrücken wollte. Jetzt aber läuft ein neues Spiel.
"Es gibt viele Leute, die inzwischen glauben, dass die ganze Magna-Nummer eine Tarngeschichte von GM gewesen ist, um Zeit zu gewinnen", sagt ein mit den Verhandlungen vertrauter Politiker. Bund und Länder seien auf Magna als trojanisches Pferd hereingefallen, das GM den Deutschen in den Garten geschoben habe: "So langsam begreifen wir, dass wir den Amis auf den Leim gegangen sind."
General Motors hat sich nach dem PR-Desaster um Magna clever wieder in eine gute Verhandlungsposition gebracht. Erst die Entschuldigung vor einem TV-Millionenpublikum von GM-Boss Fritz Henderson. Dann die prompte Rückzahlung des Überbrückungskredits und die Versöhnungstour von Opel-Chef Nick Reilly quer durch Europa. Der Konzern will möglichst alle Werke erhalten, das kommt gut an. Engländer, Spanier und Polen haben die Scheckbücher schon gezückt.
Auch wenn die Staaten beim Opel-Gipfel in Brüssel anderes behaupteten: Der Subventionswettlauf hat längst begonnen. Bund und Länder werden sich diesem Druck kaum entziehen können. Die Opel-Mitarbeiter erinnern sich gut an die Wahlkampf-Auftritte von Merkel, Steinmeier und den Ministerpräsidenten, die den Erhalt von Opel quasi zur Staatsräson erklärten.
Einer ist weiter strikt gegen Staatshilfen. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle will den Bund heraushalten. Der erfahrene FDP-Mann traut den Amerikanern nicht. Wieso kommt GM mit einem deutlich kleineren Job-Abbau als Magna aus? Was passiert, wenn der US-Riese erst Steuergeld kassiert, um dann in zwei, drei Jahren doch noch Werke dichtmacht? In den Reihen der Wirtschaftsexperten von Union und FDP wird GM nach dem Eiertanz um Magna alles zugetraut.
Spannend wird es, wenn General Motors offiziell Staatshilfen beantragt. Das Geld könnte aus dem "Deutschlandfonds" kommen, den die Regierung als Notfalltopf für angeschlagene Firmen in der Wirtschaftskrise mit 115 Milliarden Euro gefüllt hat.
Hier aber lauert eine Falle: Kredite und Bürgschaften darf nur erhalten, wer erst durch die Krise in Schieflage geriet - also vorher kein Sanierungsfall war. Opel macht aber seit Jahren Verluste. Hilft Berlin GM/Opel, kann sich die Regierung auf harte Gefechte mit den Brüsseler Wettbewerbshütern gefasst machen.